Spende dein Pfand am Airport Nürnberg

Die Aktion „Spende Dein Pfand“ ist nach Corona-bedingter Unterbrechung im Sommer wieder angelaufen. Reisende können ihre nicht mehr benötigten Pfandflaschen in eigens hierfür aufgestellte Behälter spenden. Die Einnahmen kommen dem Straßenkreuzer e. V. zugute, der Menschen in sozialer Not hilft. Der Nürnberger Verein finanziert damit vier neu geschaffene Arbeitsstellen.

In Kooperation mit dem Recyclingunternehmen Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH, dem Terminaldienst des Flughafens und dem Straßenkreuzer e. V. hat der Airport Nürnberg drei Behälter im Terminal aufgestellt. Hier können Fluggäste ihre Pfandflaschen unkompliziert spenden, die sie aufgrund der Gesetzeslage nicht mit in den Sicherheitsbereich nehmen dürfen. Für die Abholung der Flaschen hat der gemeinnützige Verein Straßenkreuzer e. V. vier Arbeitsstellen für Obdachlose entwickelt, die das Projekt vor Ort betreuen. Der Grüne Punkt sorgt für das Recycling der Flaschen und zieht das Pfand ein, das vollständig ins Projekt fließt.

Flughafengeschäftsführer Dr. Michael Hupe begrüßt den Neustart: „Ökologisch ist das Projekt sinnvoll, gleichzeitig geben wir ehemaligen Langzeitarbeitslosen eine neue Perspektive. Durch den Zuspruch unserer Fluggäste vor dem Lockdown war das Projekt sehr erfolgreich und wir hoffen, daran anschließen zu können.“

Flughafen Nuernberg, Pfandflaschenspende
Am Flughafen Nuernberg wird ein Spendensystem fuer Pfandflaschen installiert. Teilnehmer sind der Strassenkreuzer, Grüner Punkt und Flughafen Nuernberg

Foto: Anja Hinterberger

14.05.2019
Flughafen Nuernberg
fuer Strassenkreuzer

Michael Wiener, CEO Der Grüne Punkt: „Es ist wichtig, dass es gelungen ist, das Projekt Spende Dein Pfand am Flughafen Nürnberg über diese schwierige Zeit zu bringen.“ Wichtig sei es jetzt, dass Passagiere ihre leere Pfandflasche ins richtige Gefäß geben, nämlich in die Sammelbehälter von Spende Dein Pfand.

Die vier Männer, die sich am Airport um das Projekt kümmern, sind seit Juni 2019 für Spende Dein Pfand beim Straßenkreuzer e.V. in Teilzeit angestellt. Ilse Weiß, Chefredakteurin des Straßenkreuzer-Magazins, hat die Aktion von Anfang an begleitet: „Über Monate waren ihre Verträge wegen der Pandemie auf Kurzarbeit gesetzt. Alle sind mit wenig Geld und viel Einsatzbereitschaft ausgestattet. Sie freuen sich, wenn Spende Dein Pfand nun wieder in Fahrt kommt – der Verein Straßenkreuzer freut sich mit. Die Zusammenarbeit mit dem Airport-Team und dem Grünen Punkt funktioniert hervorragend.

Explosion überlebt

Richie Steeger (47), seit zwei Jahren im Team der Straßenkreuzer-Stadtführer, hat die Explosion im Erdgeschoss des Hauses Wölckernstraße 64 überlebt. Dennoch ein Unglück mit Folgen.
Samstagabend, 11. Juli: Richie Steeger will sich das entscheidende Clubspiel anschauen und schläft ein. Wenige Minuten nach 20 Uhr „macht es einen riesigen Schlag, das ganze Haus hat gewackelt“. Richie schaut aus einem Fenster seiner Wohnung im dritten Stock. Aus dem Laden im Erdgeschoss schlagen Flammen. „Ich hab meinen Kater Mucki gepackt und bin sofort raus.“ Die Feuerwehr ist schon da, Richie hat zum Glück keine Rauchvergiftung. Nun lebt er mangels Alternative wieder in der Wohnung, obwohl Rauch und Staub nach oben gezogen sind und das Gas abgestellt wurde. „Kochen geht gar nicht, so was wie Duschen kann ich, wenn ich Wasser im Wasserkocher heiß mache und in einen Eimer schütte.“ Viel schlimmer sei, dass unklar ist, ob das Zuhause bewohnbar bleibt. „Und bei jedem Martinshorn rast mein Herz und ich zittere.“ Was ihn aufbaut: „Es tut mir gut, dass unsere Stadtführungen wieder begonnen haben. Das gibt mir eine Perspektive.“
Foto: Carmen Frenken

Foto: Carmen Frenken

Was macht die Kunst?

Wir haben Kulturschaffende aus unterschiedlichsten Sparten gefragt, wie es ihnen geht mit Corona. Persönlich, finanziell, emotional, mit dem, was dieser Virus mit uns heute macht und welche Auswirkungen er vielleicht auf unser Leben morgen hat. Alle haben dabei den gleichen Fragebogen bekommen. 44 haben uns im Zeitraum 1.-15. Mai schriftlich geantwortet, alle Antworten finden Sie hier ungekürzt.

Daneben haben wir auch die Frage gestellt: Wie wird unsere Gesellschaft in drei Jahren aussehen? Eine Auswahl an Antworten war vorgegeben, Mehrfachnennungen waren möglich. Das Ergebnis:

39% glauben: Es wird sich nichts ändern und alles wird so weitergehen wie vor der Pandemie
36% glauben: Die Überwachung und Kontrolle durch den Staat wird zunehmen
25% glauben: Unser soziales Verhalten wird gestärkt sein
30% glauben: Vereinsamung und Depressionen werden zunehmen
14% glauben: Dem Klimaschutz wird oberste Priorität eingeräumt, wir sind bereit dafür
auch Einschränkungen in Kauf zu nehmen
14% glauben: Kulturschaffende werden eine höhere Wertschätzung erhalten
36% glauben: Menschen in sozialen und pflegerischen Berufen werden eine höhere Wertschätzung erhalten

Die Antworten:

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Ulrike Irrgang

Zur Person:
Designerin

Online zu finden unter:
www.fuerthwiki.de

www.der-bogenhof.de

www.facebook.com

Wie nutzt du die Corona-Zeit?
Als Rheinländerin, diplomierte Designerin, Bogenhöflerin, Leiterin der Fürther Jugendkunstschule und leider gerade nicht anerkannte Künstlerin der KSK ver-rücke ich seit gut 20 Jahren mit meinen Arbeiten ein wenig das Kulturelle Treiben unserer Region. Die Corona-Auszeit nutze ich u.a. für mehr Zeit mit meinen Töchtern, meine kleine Schneckenfarm und das Pflanzen von Allerlei Grün in meinem Hofgärtchen sowie einer Idee für ein kontaktloses und neues Format, das Kunstworkshops von regionalen Künstlern trotz Begegnungssperre zu den Menschen bringt..

Wie hältst du dich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Grundsätzlich mit Verstand & einem gewissen Gleichmut! Mir kommen meine Arbeitseinsätze und Bereiche gerade zu Gute, die auf mehreren Säulen ruhen. Mit meiner Teilzeitanstellung kann ich zum Glück gerade den kompletten Ausfall auf der freiberuflichen Seite sowie die Stornierungen in meiner Künstlerherberge auffangen.

Was hast du jetzt schon durch Corona gelernt?
1. Der Mensch ist unter bestimmten Bedingungen zu ad hoc Änderungen seines Verhaltens fähig. 2. Allumfassende Gerechtigkeit gab es noch nie und wird es auch jetzt nicht geben – das bleibt ein Traum. Umso schlimmer & trauriger der Alptraum, der sich hier für manche Berufsstände durch den Lockdown ergeben hat – bei uns dennoch moderat, wenn man seine Auswirkungen auf die bereits gebeuteten Länder bedenkt. 3. Umso berührender das Wachsen von Solidaritäten, umso erschreckender das von Polaritäten. 4. „Plötzliche“ Wertschätzung wertvoller, teils unterbezahlter Berufsstände mit gleichzeitig unglücklicher Vergessenheit der scheinbar nicht „Systemrelevanten“. 5. Es herrschen die Zahlen in Zeiten der Corona-Pandemie … und verbreiten Angst & Schrecken, sofern sie leider ohne Verhältnis und Einordnung erfolgen. 6. Angst- & Panikmache waren & sind der Nährboden u.a. für „blinde“ Folgsamkeit und dienen keiner Demokratie. 7. Fehlende Bildung & Vertrauensverlust ruft die Dummen und Verschwörungstheoretiker auf den Plan. 8. Die Paradoxie in vielerlei Facetten hat mit der Krise und ihren von oben gegebenen Verordnungen an Alltäglichkeit gewonnen. Karl Valentin hätte seine Freude! 9. Das digitale Zeitalter erlebt eine besondere Gunst der Stunde und schafft u.a. kontaktlose und alternative Formate von Austausch & Nähe. (…)

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Krisen, wie auch diese, sind hilfreiche Zäsuren, die Schwächen eines herrschenden Systems, wie auch seine Stärken aufzuzeigen. Welch Chance, dass die Krise zudem eine weltweite ist! Wir sitzen in einem Boot. Kehren wir also bitte nicht zurück zu einem alten „Normalzustand“ und zu einer Wirtschaft, die tumorartigen Wachstum als Bedingung hat! Wir können, wenn wir die Dringlichkeit einer Tatsache erkennen, unser Verhalten für den Fortbestand unserer Spezies sofort ändern – also glauben wir doch bitte auch hier den Wissenschaftlern, die bereits vor über 40 Jahren vor der globalen Erwärmung und ihren Folgen durch manch Verhalten der Menschen warnten. Und hier geht es um weit mehr Leben retten als das Unsrige! Wenn wir eine “Spielzeitverlängerung auf Erden” auch für die kommenden Generationen wünschen, fordert das ein höheres Maß an Selbsterkenntnis und Mut! Und ohne ganzheitliche Bildung von Herz & Verstand ist es -so glaube ich- kaum möglich.

Hast du einen besonderen Kulturtipp für uns? 
Aber klar doch: u.a. über die Fürther Jugendkunstschule SCHULE DER PHANTASIE -Fürth/Franken e.V., wo Künstler und Kulturschaffende der Region nun ihre Angebote alternativ auch als  KULTURBEUTEL-WORKSHOP TO GO anbieten. Das Ganze auch als Einsatz für Schulen – hier in Kooperation mit KUBIK-Fürth. Eine künstlerische Dienstleistung in Kulturbeutelformat und ein echtes Win-Win. Siehe auch:
https://www.schulederphantasie-fuerth.de/angebote/kulturbeutel-workshop-to-go/
https://bildung-fuerth.de/arbeitsbereiche/bildungsmanagement/kommunales-bildungsmanagement/kubik/
https://www.br.de/nachricht/mif-kulturbeutel-to-go-100.html


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Jürgen Schabel

Zur Person:
Fotograf

Online zu finden unter:
Über meine Website juergenschabel.de
Unübersehbar in die Jahre gekommen, aber ich nutze die Zeit und bastele gerade an einem neuen Auftritt

Wie nutzt du die Corona-Zeit?
Künstlerisch habe ich mehrere Konzepte ausgearbeitet, die seit einiger Zeit in der Schublade schlummerten.
Ich arbeite an einer kommenden Ausstellung und fotografiere zwei neue Bildserien.
Privat habe ich die Freuden des Radfahrens entdeckt, ich lese viel (Salman Rushdie, Toni Morrison, Susan Sonntag…)
und verbringe viele Stunden in unserem großen Garten – oft sind es ja die kleinen Dinge…
Ach ja, und mit dem Weinhändler duze ich mich inzwischen!

Wie hältst du dich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser? 
Da ich überwiegend mit Menschen arbeite (Theater, Uni, Magazine etc) ist die Auftragslage natürlich dünn.
Die Corona-Soforthilfe war da eine unerwartete, aber sehr willkommene Zuwendung zur rechten Zeit.
Auch einige Sammler haben mich durch den Kauf von Arbeiten unterstützt.
Emotional gehe ich (bisher) unbeschadet durch die Krise, es hat ja durchaus auch eigene Qualitäten,
z.B. kann ich mich nicht erinnern, den Frühling jemals so intensiv erlebt zu haben.

Was hast du jetzt schon durch Corona gelernt?
Ja, so viel Solidarität war selten! In Bamberg haben wir mitten

in der Stadt eine Stelle eingerichtet, an der Lebensmittel und Kleidung für Bedürftige hinterlegt werden können. Ganz nach dem Motto „Nimm dir, was du brauchst“  – da blieb kein Päckchen lange stehen… Die große Hilfsbereitschaft im Kleinen hat mich sehr beeindruckt und auch mein Bild unserer Gesellschaft zurechtgerückt. Ob sich aber ein nachhaltiger Wandel manifestiert, daran habe ich doch Zweifel.

Die Trend zu home office, Einkaufen im Internet und Essenslieferung wird die Krise sicher dauerhaft verfestigen.Eine ganz neue Erfahrung ist es auch, dass der Staat Finanzhilfen nicht nur für die Großindustrie auflegt,
sondern sich wirklich bemüht, möglichst breit zu unterstützen.

Gleichzeitig deckt die Coronakrise auch gnadenlos die Schwächen unseres Systems auf: Die bisher) mangelnde
Wertschätzung sozialer Arbeit, die mangelhafte digitale Infrastruktur nicht nur in den Schulen, Sparzwänge im Gesundheitswesen…

Größte Wertschätzung habe ich für die Mitarbeiter in Kliniken, Altenpflegeeinrichtungen und anderen Sozialdiensten,
die unser Gesellschaft am Laufen halten. Und vor allen Alleinerziehenden und Eltern, ihre Kinder so gut wie irgend
möglich durch diese Zeit zu bringen.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Wie fragil und verletzlich unsere Art zu Leben doch ist und dass es immer alternative gesellschaftliche Entwürfe gibt.
Und das vieles möglich ist, wenn der kollektive Wille zu Veränderungen da ist.

Was ich absolut empörend finde, sind milliardenschwere Konzerne, die Mietzahlungen kürzen, Kurzarbeit anordnen und
damit Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen oder nach Staatshilfen schreien, aber jede Form der Zusammenarbeit verweigern!

Hast du einen besonderen Kulturtipp für uns?
Eine ganz wunderbare Aktion ist die sogenannte „Nürnberger Kunstaktie“, aufgelegt von der Galerie „2bananas“ und verschiedenen örtlichen Künstlern, wie zum Beispiel Rainer Michely, Fred Ziegler oder Anke Helmich. Mehr Infos hier:

https://www.br.de/mediathek/video/galerie-2bananas-mit-kunst-aktien-durch-die-corona-krise-av:5eb44559adf51f00140569f5?fbclid=IwAR0MspiKPC6JhuuEDOwuTWdVfvl7-VkrJpsSeK1c80D-rW7ZdTLXlQYB9Mk


Marian Wild Passbild

Marian Wild

Zur Person:
Ich bin freiberuflicher Kunst- und Architektur- wissenschaftler und nutze die Zeit aktuell hauptsächlich zur Durchführung des Projekts „Locked in – Locked out“, in dem ich auf curt.de mit über 50 Nürnberger Kunstschaffenden eine große Ausstellung für die Zeit nach der Krise vorbereite und die Teilnehmenden regelmäßig durch digitale Beiträge vorstelle.

Online zu finden unter:
www.marian-wild.de
Instagram

Wie nutzt du die Corona-Zeit?
Ich bin freiberuflicher Kunst- und Architekturwissenschaftler und nutze die Zeit aktuell hauptsächlich zur Durchführung des Projekts „Locked in – Locked out“, in dem ich auf curt.de mit über 50 Nürnberger Kunstschaffenden eine große Ausstellung für die Zeit nach der Krise vorbereite und die Teilnehmenden regelmäßig durch digitale Beiträge vorstelle.

Wie hältst du dich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Finanziell bin ich glücklicherweise durch Einkommensrücklagen und auch verschiedene Ausgleichsmaßnahmen gut abgesichert. Emotional helfen mir die digitalen Kunstprojekte bei curt.de und gallerytalk.net bei der Strukturierung meines Tages, außerdem mache ich zu Hause regelmäßig Sport, laufe viel in der Natur rum und bin in der Wohnung ja auch nicht allein. Da ich aber schon immer ganz gut mit solchen „ruhigen“ Phasen klargekommen bin belastet mich die Quarantäne nicht so stark, hier in der Wohnung war auch einiges zu tun.

Was hast du jetzt schon durch Corona gelernt?
Ich bin eigentlich ziemlich stolz auf meine Mitmenschen, wie der überwiegende Teil die ganzen Maßnahmen sehr verantwortungsvoll mitgetragen hat, obwohl man ja diesen Virus und seine Folgen ja oft nicht selber sehen kann. Ich finde auch, dass die Regierung gerade einen sauberen Job macht und die Probleme gut erklärt. Ich habe die Hoffnung, dass diese Solidarität und Rücksichtnahme in den Köpfen bleibt, wenn es dann irgendwann wieder um andere Themen geht als Corona.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen? 
Nach der Krise sieht man hoffentlich weltweit ein, dass solche Bedrohungen wie Corona nur gemeinsam zu stemmen sind. Und ich hoffe, dass wir uns langsam alle wieder dran machen, die ganzen Bauernfänger und Populisten von den politischen Ämtern zu vertreiben, die haben ja alle nun gar nichts zur Lösung der Krise beigetragen, sondern sie meistens noch verschlimmert.

Hast du einen besonderen Kulturtipp für uns?
Das Sachbuch „Stadt der Zukunft. Wege in die Globalopolis“ hat mir viel Spaß beim Lesen gemacht. Aber zur Vorwarnung: Ich lese wegen meinem Schwerpunkt Architekturgeschichte ziemlich spezielle Sachbücher… 😀


u atzenhofer

Anton Atzenhofer

Zur Person:
Künstler

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Als Maler arbeite ich ja sowieso alleine im Atelier, daran hat sich nicht viel geändert. Nachdem die Slow Art Galerie, die meine Frau betreibt, geschlossen ist, haben wir uns entschlossen, endlich ein gemeinsames Projekt mit ihren Texten und meinen Zeichnungen zu verwirklichen. Im normalen Leben gibt es ja viele Ablenkungen, jetzt können wir kontinuierlicher und konzentrierter daran arbeiten. Wir haben auch mehr Zeit zum Kochen, und zum Lesen, das hat auch was …

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Finanziell ist es schwierig, mal schauen, wie lange es noch reicht. Ich habe ja wie viele Künstlerkollegen keinen besonders ausschweifenden Lebenswandel (finanziell gesehen), da ist man Kummer gewöhnt. Meine Einkünfte gehen allerdings momentan gegen Null. Ein großer Teil meines Einkommens kommen aus Verkäufen auf Kunstmessen im Frühjahr und Herbst. Die Frühjahrsmessen in Köln und München, auf denen ich ausgestellt hätte, sind ausgefallen – also nur Unkosten. Die Herbstmessen sehe ich auch noch nicht sicher und Ausstellungen, da glaub ich auch noch nicht dran …

Da kann wohl irgendwann eine staatliche Hilfe nötig sein … aber ich suche auch nach anderen Möglichkeiten, das wär mir lieber. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wär auch mal ein Gedanke, den man ins Auge fassen könnte.

Emotional geht’s mir gut, mir war’s eigentlich noch nie langweilig. Kunst zu machen tut mir immer gut. Und der Sommer draußen mit Einschränkungen, schau mer mal … im Moment wird zwar überall gelockert, darüber kann ich mich im Moment nicht so richtig freuen, weil ich denke, dass wir noch nicht über den Berg sind, kurvenmässig. Über den ersten Hügel vielleicht, der Berg kommt erst noch. Wie steil und wie hoch er wird, werden wir sehen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Für mich hat sich bewahrheitet, dass die Menschen vernünftiger und reflektierter sind als allgemein vermutet. Dass es natürlich jede Menge ingnorante Leute gibt, war klar, die sind natürlich immer am lautesten.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

So ein Virus zeigt, dass rücksichtsvolles Handeln und dem Gegenüber respektvoll zu begegnen, Leben retten kann. Ich sehe die Maskenpflicht z.B. nicht als Pflicht, sondern als Geste der Solidarität meinen Mitmenschen gegenüber.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Einen Podcasts, den ich gerne höre: Die Sparte „Geschichtsunterricht“ aus den Podcasts von WRINT.
Lockere Gespräche über große Ereignisse der Geschichte:
https://wrint.de/category/geschichtsunterricht/

Illustration: Anton Atzenhofer


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Tibor Baumann

Zur Person:

1985 sprechend zur Welt gekommen, Autor und Filmemacher, raised by humans zwischen Nürnberg und Bangkok, veröffentlichte 2020 seinen zweiten Roman „Was du nie siehst“ und arbeitet derzeit an seinem  Spielfilm.

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Mein momentaner Arbeits- und Lebensrhythmus ist ein Wechsel zwischen meinen eigenen, künstlerischen Arbeiten und der bezahlten Arbeit beim Film als Regieassistent bei großen Projekten. Der Beginn der Pandemie in Deutschland fiel direkt auf die Phase „Geld verdienen“. Nachdem ein Filmprojekt, das einen großen Teil meines Jahreseinkommens bedeutet hätte, weggebrochen war, habe ich nach einiger Organisationsarbeit den Modus wieder zurückgesetzt. Ich arbeite jeden Tag zwischen 7 und 10 Stunden an meinen Projekten.

Das geht auch stark ins private über: ich habe Listen mit Material, also Literatur, Filme und Serien. Rituale sind wichtig und werden weiter gepflegt: morgendlicher, gemeinsamer Kaffee mit meiner Lebesngefährtin, gemeinsamer Sport, abendliches Kochen und Musik hören, dazwischen Abstand haben und für sich sein. Insgesamt „nutze“ ich nicht „die Zeit während Corona“; ich bin daran gewöhnt aus mir heraus zu arbeiten. Dass der Diskurs verschoben wurde und an mancher Stelle so getan wird, als wäre diese Arbeit entweder keine Arbeit – Stichwort: ALG II beantragen – oder eben eine sonst sehr lukrative und hoch anerkannte, ist eher die Problematik, für deren Bewältigung diese Zeit genutzt werden muss.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Das Land Berlin hatte tatsächlich einen Hilfstopf, für den auch ich mich als freischaffender Autor und Filmemacher digital in die Warteschlange begeben konnte.

Gleichzeitig versuche ich das, was man auch in den Zeiten vor Corona getan hat: mit den Menschen in Kontakt bleiben und ständig neu ausloten wo die Reise hingeht. Letztlich genügt, was ich an Hilfe bekommen habe nur eine gewisse Zeit. Auch wenn ich weiß, dass es Menschen gäbe, die mich im Notfall auffangen würden – das ist nicht zielführend und vor allem nicht gesund für Herz, Kopf und meine Arbeit. Ich hoffe, dass im Sommer der filmische Betrieb wieder produziert.

Das führt zum zweiten Teil der Frage – emotional über Wasser…ehrlich gesagt, ich habe keinen direkten Aktionsplan gehabt (sehr im Gegensatz zu meiner Arbeit). Denke ich darüber nach, ist es auch so, dass sich im Laufe einer solche Zeit, die eigenen Befindlichkeit natürlich auch verändert. Ich brauche den Wechsel zwischen meiner Arbeit, Bewegung und neuen Impressionen – das stellt mein emotionales Geleichgewicht her. Das versuche ich weiter aufrecht zu erhalten, ebenso wie den Kontakt zu meinen Liebsten. Das meine Lebensgefährtin und ich im selben Haus wohnen, macht die Situation natürlich ungemein besser!

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Da lässt sich in jedem Fall eine mehrbändige Essay-Reihe mit füllen. Hier etwas, dass mich nachhaltig gelehrt hat: eine spannende Zeit war ungefähr die zweite Woche der Isolation. Zu dieser Zeit brach das Projekt weg, das Theater, in dem meine Lebensgefährtin engagiert ist, musste alle Aufführungen absagen – wir mussten uns neu orientieren. In dieser Phase wurde ein Begriff virulent: Systemrelevant. Wenn auch außer Frage steht, dass das System natürlich die Grundversorgung als absolut relevant meint – und das unbestreitbar ist! – war plötzlich ein Loch entstanden, in das ich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hineingeschoben wurde: die Irrelevanz. Diese zu überwinden und wieder zu dem Gedanken der geistigen Nahrung durch Kultur und Kunst zu kommen, war für mich harte Arbeit und musste sich der gebetmühlenartig wiederholten ‚Systemrelevanz‘ erwehren.

Ich habe deutlich gelernt, dass das „System“ mehr ist als Funktionalität und meine Arbeit einen wichtigen und eigenen Platz hat. Ohne, dass er von außen so deklariert wird. Einfach aus sich heraus und daher eo ipso solchen Stürmen widerstehen kann.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Noch eine mehrteiliger Essay-Sammlung… eine Skizze für ein Kapitel: es zeigt sich, dass die von uns geschaffenen und beerbten Systeme trotz Größe und Behäbigkeit auf Leidensdruck hin, im Rahmen ihrer liberal-kapitalistischen Möglichkeiten, erstaunlich flexibel reagieren können. Und das dies leider nicht ausreichend ist.

Ohne das dramatisch zu meinen, im Gegenteil, ich meine folgendes positiv: ich denke, wir sehen harten Zeiten entgegen, denn es stehen Veränderungen an. Wir leben in überholten Verhältnissen. Mit Ungleichheiten, die das globale Dorf auf lange Sicht ebenso wenig aushalten kann, wie die Einzelkomune – und der gesamte Planet als Lebensgrundlage. Es entlarvt sich als komplexes, jeden Baustein einschließendes Problem. Das bedeutet unweigerlich Veränderungen. Es gibt wenig, was so ungemütlich ist und wovor der Mensch solche Angst hat. Und das lockt diejenigen, die zu ihren Gunsten die Welt brennen sehen wollen, oder schlicht für ihren Vorteil anzuzünden bereit sind, auf den Plan.

Wir müssen lächelnd die Kraft in uns finden uns diesen Veränderungen zu stellen.

Das ist sehr allgemein gehalten und natürlich vereinfacht. Aber im Kern ist es anwendbar, wie die Prämisse, so wenig Leid für Umwelt, Tier und Mensch mit den eigenen Handlungen zu verursachen wie möglich: Wir müssen Strategien entwickeln aus unserer Komfortzone herauszutreten und uns erlauben über Utopien zu unterhalten – die Ausrede ‚das ist zu komplex‘  wird uns als Gesellschaft nicht retten. Ebensowenig wie unangebrachte Kritik und (rechte) Verschwörungstheorien, die uns die Verantwortung für die Umstände entziehen wollen, indem sie irgendwelche großen Mechanismen hinter all den Ereignissen vermuten…das Kapitel schweift ab…

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Lauscht den Pianoklängen von Ryo Fukui, das ist sehr schön. Lest ‚Das Monster‘ von Madame Nielsen, das ist sehr gut. Seht euch ‚iHuman‘ an, das ist ein sehr wichtiges Filmessay. Aber nur wenn ihr Lust habt.

Foto: Anna Sehls


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Winfried Baumann

Zur Person:
Künstler

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Als freischaffender Künstler arbeite ich wie immer jeden Tag in meinem Atelier, abwechselnd in Nürnberg und in Buch. Es ist zur Zeit schon sehr viel schwieriger die notwendige Spannung für das künstlerische Arbeiten aufrecht zu erhalten.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Als bildender Künstler bin ich nicht ganz so abhängig vom Tagesgeschäft. Es gibt einige Projekte die ich schon vor Corona begonnen haben und die jetzt gerade auch umgesetzt werden.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Wir erlebten gerade zu Beginn der Corona-Krise eine beeindruckende Welle von Hilfsbereitschaft und Solidarität die sich durch alle gesellschaftlichen Schichten gezogen hat. Selbst die Politik hat für kurze Zeit an einem Strang gezogen.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Wir erleben gerade, dass die Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität eine Welle ist, deren Wirkung nur für kurze Zeit anhält. Die Welt nach Corona wird keine bessere sein.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

KUNST TO GO Kunstautomat Sterngasse Staffel 33. Kleine Kunstobjekte im Format einer Zigarettenschachtel. Bis 3. August, so lange der Vorrat reicht.
www.kunstautomat-sterngasse.de

Foto: privat

u Bode

Klaus Bode

Zur Person:
Galerist

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Wir sind Auf und Abs  gewöhnt – deshalb sind wir in der Galerie voll mit Projekten für die Zukunft beschäftigt.

Privat vermisse/vermisste ich allerdings unsere Freunde, unsere Opernbesuche, die Museumsbesuche, eine unserer Töchter welche in Tübingen studiert und nicht nach Hause kommen kann.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Wir sind in der glücklichen Lage überwiegend für Kunstliebhaber/innen arbeiten zu dürfen für welche die Kunst Nahrung für die Seele ist. Wir haben Projekte aufgearbeitet und Konzepte für die Zukunft geschrieben. Es ist eine außergewöhnliche Lage, welche zum aktuellen Zeitpunkt noch überschaubar ist. Für die Zukunft wird es spannend werden.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Es heißt in einer Krise kommt das Schlechteste und das Beste im Menschen zum Vorschein. Es ist eine schöne Erfahrung viel von den schönen Wesenszügen mitbekommen zu haben.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Eine wichtige Erkenntnis wiedergewonnen, welche eigentlich uralt ist: Nur der Wandel ist sicher!

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Die Flucht in geistige Welten – Lesen, Lesen, Lesen. Ich habe mir zum wiederholten Male Stefan Zweigs Meisterwerk „Die Welt von Gestern“ gegönnt – und es war als wären seine Worte eine Wiederholung nur mit anderen Vorzeichen. Gleich im Anschluss Florian Illes „1913“ – spannend die parallele Entwicklung der unterschiedlichsten historischen Ereignisse. Und um China besser zu verstehen, lese ich gerade „Moulüe – Supraplanung“ von Harro von Senger.

Foto: privat


u Braun Steve, Selbstporträt, 01, 2018, Maße variabel

Steve Braun

Zur Person:
Künstler

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Als Fotograf, welcher viel mit Menschen arbeitet, hat mich der Lockdown natürlich extrem eingeschränkt, aber gleichzeitig habe ich mir dadurch meine künstlerische Autonomie in neue Bahnen lenken können. Tatsächlich habe ich so ein wenig mehr zu meinen ursprünglichen Interessen zurückgefunden, und die momentane Situation hilft mir auch dabei meine Arbeit und mich zu sortieren.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Für mich hat sich eigentlich nicht viel geändert. Mein Studium liegt ja erst ein paar Monate zurück, und daher weiß ich allzu gut, wie man sehr bescheiden lebt. Ich empfinde die Isolation teilweise als angenehm, weil durch die soziale Zwangspause viel Stress wegfällt. Trotzdem wäre ein gutes Konzert, bei dem man die Matte rotieren lassen kann, mal wieder eine schöne Abwechslung.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Extreme Situationen zeigen oftmals die Pole der Gesellschaft, besonders soziale Ungleichheit wird global immer sichtbarer. Einige Länder werden sich grundlegend nach Corona ändern, aber in Deutschland sehe ich das leider nicht. Ich glaube, da uns Corona bisher noch nicht so schwerwiegend getroffen hat wie andere Staaten, werden viele momentane gute gesellschaftliche Ambitionen wieder auf Eis gelegt. Wir vergessen gerne sehr schnell. Gleichzeitig haben auch bedauernswerte Zustände wie Egoismus und Nationalismus ihre Fratze gezeigt.  Erstrebenswert wäre zumindest, wenn wir durch die Krise einen Hauch sozialer geworden wären.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Auch wenn ich nicht ganz daran glaube, hoffe ich, dass nach Corona ein Umdenken in vielen  Bereichen stattfinden wird. Man sieht wie anfällig eine Gesellschaft für den Bruch mit dem Alltäglichen ist. Vielleicht sollten wir gerade diesen Alltag überdenken und unsere eigene Lebensweise neu ausrichten. Eine Gesellschaft kann, wenn sie will.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Während meiner künstlerischen Arbeit höre ich zur Zeit die Hörbücher von H.P. Lovecraft und kann diese nur wärmstens empfehlen. Vom allgemeinen Wahnsinn, welcher momentan um sich greift, finde ich diesen fiktiven weitaus angenehmer.

Foto: Steve Braun


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Andrea Dippel

Zur Person:
Leiterin der Kunstvilla Nürnberg

Online zu finden unter:
Ich bin auf facebook, aber nicht besonders aktiv, da ich nach wie vor die persönliche Begegnung bevorzuge

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Beruflich ging es trotz städtischem Notfallplan weiter rund, denn das gesamte Ausstellungsprogramm der Kunstvilla musste im Kontakt mit zahlreichen Leihgeberinnen und Leihgebern umdisponiert, d.h. verschoben  werden – von Stillstand keine Rede. Privat gab es zunächst unerwartete technische Herausforderungen, bis sich das Homeschooling meiner Tochter etabliert hatte. Letztlich habe ich das Gefühl, dass sich lediglich das  Zeitmanagement geändert hat. Zu tun ist immer etwas!

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Mir ist bewusst, dass ich in einer privilegierten Situation bin und weder von finanziellen noch von emotionalen Sorgen in größerem Maße geplagt werde. Der privat verordnete Stillstand ermöglicht  mir persönlich mehr Zeit mit meiner Tochter und längere Telefonate mit Freunden und Verwandten. Außerdem ist das Essen wichtiger geworden, d.h. wir kochen und backen mehr, und versuchen außerdem, lange liegengebliebene Projekte zur realisieren. Wichtig ist, sich auch im Privaten Erfolgserlebnisse zu verschaffen und das liegt für mich oft im Kleinen, zum Beispiel darin, ein Bücherregal neu zu sortieren (und sich an den Fundstücken zu freuen).

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Emotional sind viele Menschen durch die gemeinsam durchlebte Krise zusammengerückt. Mit vielen Freunden, von denen ich lange nichts gehört habe, telefoniere ich nun regelmäßig. Die Solidarität könnte jedoch noch stärker sein. Vielfach sprechen die Kontaktsperren dagegen, die bald massiv gelockert werden sollten. Ich frage mich, was das verordnete „Social Distancing“ längerfristig mit uns machen wird.

Außerdem hat es schwer, wer nicht digital aktiv ist – das finde ich sehr bedenklich. Ich fürchte außerdem, dass das Schlimmste, nämlich die finanziellen Folgen gerade für die Kultur und die Kunstschaffenden, erst noch kommt. Gleichzeitig hoffe ich, dass die angekündigten Hilfen nicht nur Lippenbekenntnisse darstellen.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Dass Entschleunigung nicht nur negativ ist und der weltweite Umwelt- und Gesundheitsschutz ein hohes Gut darstellt, zu dem alle Länder beitragen sollten. Globalisierung sollte nicht nur wirtschaftlich betrachtet werden, sondern eben auch unter Gesichtspunkten der gemeinsamen Bewältigung von Krisen. Dies hat uns die Pandemie deutlich vor Augen geführt.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Es ist erstaunlich, was schon alles auf die Beine gestellt wurde. Ich empfehle „Kultur vor dem Fenster“ – hier kann man z. B. Musikerinnen und Musiker gegen Honorar buchen, die dann kleine Freilichtkonzerte vor Gebäuden veranstalten. Das werde ich bald einmal ausprobieren.

Foto: Annette Kradisch


Egersdörfer_Foto von Natalie de Ligt

Matthias Egersdörfer

Zur Person:
Mein Name ist Matthias Egersdörfer und in meiner Steuererklärung gebe ich als Berufsbezeichnung „ Kabarettist“ an.

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Bislang veröffentliche ich täglich kleine Filmchen oder Bildergeschichten im Internet. Außerdem räume ich meinen Schrank auf und koche fast täglich.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Ich habe in den letzten Jahren auf Bühnen einige Witze erzählt und die Gage dafür ist noch nicht aufgebraucht. Ich unterhalte mich regelmäßig mit meiner Frau und habe begonnen die Studienausgabe von Sigmund Freud zu lesen. Beides gibt mir Halt.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Geschäfte, die Tabak und Zeitungen verkaufen, waren geöffnet. Buchhandlungen waren nicht geöffnet.

Es hat lange gebraucht, bis die Politiker in ihren Ansprachen zum Volk das Wort Künstler und Kulturbetrieb in den Mund genommen haben.

Wenn man Wörter oftmals hintereinander ausspricht, verlieren sie ihre Bedeutung. Da macht das Wort „Solidarität“ keine Ausnahme.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Ohne Freunde ist es scheiße.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

„Schlawiner gegen Lagerkoller“ auf servus TV: https://www.servustv.com/videos/aa-23jdrzjn11w12/


FOTO: Hans-Joachim Winckler    DATUM: 20.6.2017
MOTIV: ge-streift - Barbara Engelhard in der Galerie Pinder Park

Barbara Engelhard

Zur Person:
Künstlerin

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Plötzliches zur Ruhe kommen. Fange an mein Atelier auf- und umzuräumen. Entdecke alte Arbeiten von mir, die brandaktuell sind (Caché). Finde langsam wieder zu mir. Fange an Umzudenken, Neuzudenken meine Workshopangebote umzuwandeln. Auf der anderen Seite fast keine Zeit, da es Homeschooling und Betreuung gleichzeitig gibt.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

wenigen Ausfallhonoraren, kleine Aufträge, neue Formate für Kunstworkshops entwickeln und umsetzten und sich selber Fortzubilden während wir Solokünstler unendliche Warten auf eine vielleicht doch noch kommende Unterstützung. Kreativ Durchschlagen wie immer…..

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Es gibt auf einen Seite viel mehr Hilfsbereitschaft unter den Leuten und auf der anderen Seite bekommst man in einer Krise oder Extremsituationen den wahren Charakter von den Menschen gezeigt die einem umgeben.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Wenn alle an einem Strang ziehen, kann das große Veränderung bewirken, wie z.B. im positiven für die Umwelt, aber auch im Negativen. Das gilt auch für neue Regularien oder Gesetzte. Diese sollten wir immer auch hinterfragen können, und nicht allem blind folgen, was uns vorgelegt wird. Wir haben die Möglichkeit unser Verhalten und unsere Arbeitsweisen zu überdenken. Was wir daraus machen ist noch offen.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Plakatausstellung von Katharina Sieverding vom Kunstbunker Nürnberg https://kunstbunker-nuernberg.org/

Plakatwand-Aktion mit Künstlern ab 15. Mai 2020 vom Projektbüro der Stadt Nürnberg

Unterstützt Künstler mit Ankauf von ihren Werken: kauft bei 2Bananas Nürnberger Kulturaktien, bucht Künstler über www.kultur-vor-dem-fenster.de

Foto: Hans-Joachim Winckler


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Julia Frischmann

Zur Person:
Ich bin Julia Frischmann, freischaffende bildende Künstlerin. Nachdem ich sieben Jahre mein Atelier „Auf AEG“ hatte, arbeite ich jetzt im „Atelierhaus Friedrichstraße“ in der Fürther Innenstadt.

Online zu finden unter:

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Nach dem ersten Schock-Vakuum  (NICHTS läuft wie geplant – erstmal alle Termine abgesagt)

hat die Situation bei mir erstaunliche Eigendynamik entwickelt.

Wahrscheinlich sind Künstler auch prädestiniert die Krise zu „schaukeln“. Neue Situationen, die Anpassung erfordern, Kreativität und auch phasenweise Existenzängste sind Alltag.

Soziale Medien hatte ich die letzten Jahre aus Prinzip nur genutzt, um auf eigene Veranstaltungen und Inhalte (ausserhalb von FB) hinzuweisen. Aus der Verzweiflung heraus habe ich angefangen regelmäßig Arbeiten von mir zu posten. Dadurch hat sich einiges an medialer Aufmerksamkeit ergeben, außerdem gibt es gerade auch mehrere “Corona-Projekte“ und  „Corona-Ausschreibungen“ in Nürnberg und Fürth. Ankäufe von Arbeiten aus dem Atelier gab es erfreulicherweise auch.

Mein Instagram Account ist auch (endlich, nach langem Kampf) in der Krise geboren worden…

Emotional hat es mir geholfen, viel zu tun zu haben – das lenkt ab.

Ansonsten höre ich auch mal laut Musik oder spaziere eine Runde durch das Frühlingserwachen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Die Krise wird uns noch eine Weile beschäftigen, ich befürchte wir können die Entwicklung und die Auswirkungen auf Bildende und Darstellende Künstler, Musiker, Subkultur und kleine Vereine noch garnicht absehen. Trotzdem hoffe ich langfristig auf positive Veränderungen.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Wir sind soziale Wesen: Für die persönliche Entwicklung und um utopische Visionen zu spinnen, brauchen wir den persönlichen Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen.

Kultur und Subkultur sind das Reagenzglas der Innovation.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Acht Künstlerinnen und Künstler zeigen seit April – kuratiert von Andrea Sohler – für jeweils einen Monat eigene Arbeiten im Schaufenster des Ateliers Sohler in der Theaterstraße 20, in Fürth. Darunter Karsten Neumann, Ursula Kreutz, Franz Janetzko, Günter Derleth und Julia Frischmann.

Foto: Ingo Foertsch


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Martin Fürbringer

Zur Person:
Mein Name ist Martin Fürbringer. Ich bin in Nürnberg geboren und habe hier an der AdBK Malerei und „Kunst und öffentlicher Raum“ studiert.

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Künstlerisch nutze ich die Zeit v.a. um zu malen. Privat schau ich viel aus dem Fenster und versuche auch, endlich die Noten im Bassschlüssel lesen zu lernen.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Finanziell hatte ich einigermaßen Glück, weil viele meiner wichtigen Aufträge/Tätigkeiten vor der Sperre beendet waren.

Aber natürlich habe ich auch deutliche finanzielle Einbußen.

Ich habe in der Zeit viele Sachen gemacht, für die ich sonst keine Zeit oder Muse hatte: Alte Unterlagen ausgemistet, den Schreibtisch leergearbeitet, renoviert. Und ich habe mitgeholfen, eine Würmerkiste zu bauen. Da wohnen Kompostwürmer drin und fressen die Küchenabfälle.

Ausserdem habe ich viel gemalt und mich generell mit meiner Kunst beschäftigt.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Hubert Aiwanger: „ Wenn man wieder raus darf, wenn man wieder in den Biergarten darf, wenn man wieder seine Freunde treffen darf, wenn man wieder zur Oma fahren darf, dann kauft man auch wieder ein neues Auto.“

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Ich kann nicht beantworten, was „wir alle“ erkennen sollten. Für mich kann ich sagen, dass ich es erstaunlich finde, zu bemerken, wie oft täglich ich daran denke, ob das, was ich gerade tue „produktiv“ ist, also letztlich, wie viel Geld es wert ist, was ich da gerade mache. Und dann bemerke ich, wie beherrschend diese Frage ist und was das über mich aussagt. Dann denke ich, wir sind alle komplett verblödet. Wenn wir alle Teilzeit arbeiten würden, wäre die Welt gesünder, wären wir gesünder und zufriedener und wir müssten uns nicht jedesmal ein Auto kaufen, wenn wir die Oma besuchen oder irgendwo ein Biergarten aufmacht.

Ermutigend finde ich die Vorstellung wir könnten alle nie mehr zum Frisör, aber Nagelstudio ginge noch. Wir hätten alle lange Zotteln und lange Plastikfingernägel. Selbstverständlich auch die Männer.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Ich würde einen Spaziergang / eine Radfahrt zum Hauptmarkt vorschlagen und da bei den Knoblauchsländer Bauern einkaufen. (Engelhardt hat den besten Spargel finde ich) Dann heim und kochen, essen und sich freuen und dankbar sein. Ich würde vorschlagen, verschiedene Wege zu den alltäglichen Zielen zu nehmen.

Ich würde vorschlagen, eine Würmerkiste zu bauen.

Ah! Und –> Werbeblock: Natürlich den „rollator“ kaufen. Das Magazin für Nürnberg. Die zweite Ausgabe beschäftigt sich mit dem öffentlichen Raum und dessen Nutzung in Nürnberg. Gibt`s z.B. beim Jakob und Korn & Berg.

Foto: Martin Fürbringer


u gail

Peter Gail

Zur Person:
Arbeitet seit 2001 hauptberuflich im Künstlerhaus und ehrenamtlich beim Cafe Kaya e.V. im Künstlerhaus.

Online zu finden unter:
Peter Gail
Kunstkulturquartie
Zentralcafé Kaya e.V.

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Habe meine Wohnung komplett geputzt, meine Plattensammlung endlich neu sortiert, meinen Balkon begrün. Ansonsten gehe ich viel spazieren, joggen, Radfahren.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Finanziell habe ich bisher keine Verluste, da ist die Stadt Nürnberg sehr sozial bisher. Ich lese viel und kann jetzt endlich in Ruhe meine Scheiben hören, die ich mir in den letzten Jahren gekauft habe. Ach, meine Fenster muss ich auch noch putzen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Die Menschen sind aufmerksamer und freundlicher im Umgang miteinander, habe ich festgestellt. Es gibt auch eine Solidarität in einigen Bereichen, aber da müsste die Stadt / der Staat noch viel mehr tun. Dann gibt es die Herzliche Null für Menschlichkeit. Gerechtigkeit ist für mich, wenn kein Mensch mehr hungern muss oder Menschen wegen Kriegen in ihren Heimatländern flüchten müssen.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Wir sind nur Gäste auf diesen Planeten und müssen endlich damit aufhören, den Planeten so gnadenlos auszubeuten. Vielleicht hat die Krise auch noch zusätzliche Intelligenz bei einigen Menschen freigesetzt, die bisher in ihrem Hirn vergraben war. Es ist schlimm genug, dass Kinder erwachsenen Menschen die Welt erklären müssen.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Das neueste Album vom Alex Bayer Quintet, „Zodiac“.


u Görlach

Axel Görlach

Zur Person:

Meine Name ist Axel Görlach, ich bin Lyriker und Streetfotograf und wohne seit vielen Jahren in Nürnberg.

Online zu finden unter:
Literaturport
fixpoetry
Literaturportal Bayern
Facebook
Instagram

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Während des Lockdowns mache ich das, was ich sonst auch tue: Ich arbeite an Gedichten. Außerdem plane ich eine Foto-Gedicht-Ausstellung für kommendes Jahr. Die Korrespondenz mit anderen AutorInnen ist weiterhin sehr wichtig. Wir schicken uns per Mail Texte hin und her und unterstützen uns mit konstruktiver Kritik. Natürlich gibt es neben dem professionellen Austausch auch den persönlichen, der mindestens genauso bedeutend ist. Das Telefonieren mit Familienangehörigen und FreundInnen hat stark zugenommen, auch eine Reaktion auf das physical distancing

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Ich habe glücklicherweise einen Brotjob, deshalb trifft mich die Covid-19-Krise nicht so existentiell wie KünstlerInnen, die sich ausschließlich mit Veröffentlichungen, Lesungen, Schreibwerkstätten, Seminaren etc. über Wasser halten. Ich merke aber natürlich auch bei mir Einbrüche was Lesungen und Honorare angeht. Emotional ist es schwieriger. Meine Lebensgefährtin habe ich schon wochenlang nicht mehr gesehen. Sie ist Tschechin, und die Grenzen sind bis auf Weiteres immer noch geschlossen. Meine Mutter feiert demnächst ihren 80sten Geburtstag, gehört zur Risikogruppe der älteren Menschen, und ich hoffe, dass sie weiterhin gesund bleibt. Sie ist mittlerweile eine Virtuosin was E-Mail-Schreiben, WhatsApp-Tippen und das Versenden von selbstgeschossenen Fotos angeht. Als Pädagoge und Deutschlehrer für Flüchtlinge und ausländische Jugendliche (mein Brotjob), vermisse ich meine SchülerInnen und mache mir oft Sorgen besonders um die, die, sagen wir es so, im Elternhaus nicht die Zuwendung und Unterstützung erhalten, die sie bräuchten.

Die Schule als Insel und Schutzraum und die Klassengemeinschaft, in der sie sich wohlfühlen, sind weggebrochen. Konnten sie vorher noch nach der Schule und am Wochenende auf die Straße ausweichen und draußen sein, ist auch das zurzeit nicht mehr möglich.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Nichts, was ich nicht schon vorher gelernt habe. Manchmal überrascht es mich, wie Bekannte, die nicht zu einer Risikogruppe gehören, plötzlich erschrecken und panisch reagieren, weil sich das Hamsterrad nicht mehr so weiterdreht wie gewohnt und sie mit dem Gedanken an ihre persönliche Endlichkeit und mit der Möglichkeit, durch das Virus verursachte, bleibende Schäden davonzutragen, konfrontiert werden. Als wäre das Leben vor Covid-19 nicht lebensgefährlich gewesen. Als hätte sich nicht auch schon vorher alles von einem auf den anderen Tag ändern können. Und ich bewundere die Menschen, die, obwohl sie Vorerkrankungen oder ein hohes Alter (meine Mutter z. B.) haben, ganz cool, umsichtig und rational mit der neuen Lage umgehen. Was auch nicht neu ist: Die geringe Wertschätzung und Unterbezahlung von Pflegekräften, VerkäuferInnen, ErzieherInnen und vielen anderen Berufsgruppen sind nicht erst seit der Covid-19-Krise da, letztere rückt diese Menschen nur endlich einmal in den Fokus. Diese Schieflage ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Krise und unabhängig von der Pandemie. Ich hoffe sehr, dass die Menschen, die jetzt vom sicheren Balkon herunter beklatscht werden, nicht mit Einmalbonuszahlungen abgespeist und dann wieder vergessen werden, sondern sich die Wertschätzung auch kontinuierlich erhält und auszahlt.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Ich glaube nicht, dass ich „für alle“ sprechen und etwas postulieren kann und möchte. Für mich persönlich ist diese Ausnahmezeit eine Gelegenheit, innezuhalten und mir noch eindringlicher als sonst die Frage zu stellen, ob ich wirklich so weitermachen möchte wie vorher. Welche Rolle spielen Arbeit, in der Form wie wir sie bisher kennen und uns an sie gewöhnen mussten, und Konsum und welche Möglichkeiten gibt es, meine Zeit sinnvoll zu verbringen. Was ist mir wirklich wichtig. Wobei solche Gedanken natürlich auch meine komfortable Lage widerspiegeln, denn nicht für jede und jeden gibt es Zeit und Möglichkeit, sich zu besinnen. Der Covid-19-Alltag kann geradezu das Gegenteil von Entschleunigung sein, wenn jemand z. B. im Homeoffice arbeitet und sich gleichzeitig rund um die Uhr um seine Kinder kümmert. Und es gäbe noch viele weitere Beispiele, wo die Angst, seinen Job oder den eigenen Betrieb zu verlieren, ganz das Leben und Nachdenken bestimmt. Aber zurück zur Frage: Was habe ich gewonnen? Saubere Luft mitten in der Stadt, weniger Verkehr und Stress in den Straßen, keine Kerosinwolken und keinen Flugturbinenlärm in den Einflugschneisen des Flughafens. Das ist ein guter Ansatzpunkt, um darüber nachzudenken, wie ich eigentlich leben möchte, in welcher Umwelt, mit welcher Verantwortung für sie. Die Klimafrage brennt uns allen ja buchstäblich weiter unter den Nägeln, nur der Fokus liegt jetzt woanders. Gegen Pandemien kann man vorgehen, es wird einen Impfstoff geben in absehbarer Zeit. Gegen die profitmotivierte, irreversible Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gibt es kein Antidot. Ein grundsätzliches Umdenken und grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungen sind nötig. Ich habe aber die Befürchtung, dass es nach der Covid-19-Zeit genauso weitergehen wird, wie zuvor. Nur schneller, noch effizienter, noch rücksichtsloser, was den Umgang mit Natur und Mensch angeht. „Man“ hat ja schließlich „was“ aufzuholen.


u grasse stefan

Stefan Grasse

Zur Person:
Ich bin selbstständiger Musiker und lebe tatsächlich überwiegend von meiner Konzerttätigkeit.

Online zu finden unter:
stefan-grasse.de
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Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Ich versuche nun einerseits mein bisheriges künstlerisches Leben aufzuarbeiten. Dies bedeutet, dass ich nun Notenausgaben veröffentliche und CD-Aufnahmen von bereits einstudierter Musik mache. Andrerseits arbeite ich an neuen Stücken und an neuen Auftrittsformaten, die, so glaube ich, auch kurzfristig schon sehr wichtig für mich sein werden.

„Home-Office“ war für mich als Künstler schon immer Alltag. Die Zeit komplett alleine in einer Wohnung ist und war sehr belastend.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Finanziell kann es einem schon schwindelig werden! Von Mitte März bis Mitte August sind bereits 57 Konzert abgesagt bzw. warten fast schon auf ihre Absage, darunter auch Konzertreisen nach Ungarn, Polen, Italien, Spanien und Israel. Von staatlicher Seite habe ich für Arbeitszimmer, Telefon und Internet einen kleinen Zuschuss erhalten. Nur zwei Veranstalter haben aus Solidarität Ausfallgagen überwiesen.

Ich habe allerdings einmalige Zuschüsse von kleinen Musikclubs wie der „Kulturbühne Strohalm“ bis zum „Bündnis für Kultur“ erhalten. Mein Glück ist es, dass ich über meine Website einen Shop betreibe, neuerdings auch für digitale Produkte. Interessanterweise wird hier nun deutlich mehr bestellt. Zum „Leben“ reicht es natürlich nicht.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Ich erlebe eine große Sympathie- und Solidaritätswelle, insbesondere von meiner Familie, von Freunden, aber auch von Menschen, die mich vielleicht nur vom Sehen kannten. Gerechtigkeit ist sehr viel schwieriger herzustellen. Es gibt Berufsverbände, Lobbyisten und Konzerne, die sich sehr in den Vordergrund spielen. Für KünstlerInnen, die meist starke Individualisten sind und nicht in Machtstrukturen denken, ist da in der Regel keinerlei Platz. Eine umfassende Lösung wäre das bedingungslose Grundeinkommen.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Für mich persönlich habe ich wieder gelernt, wieder entdeckt und bewusst gemacht, dass nur die eigene Fantasie und die eigene Schöpfungskraft die größtmögliche Freiheit bringt.

Gesellschaft bedeutet aber so viel mehr als sich im Staat abbildet. Staatshilfen sind endlich, nicht aber Zuneigung und Zuwendung von anderen Menschen. Hier habe ich einige schöne Erfahrungen machen können. Trotzdem ist und bleibt die Situation für viele sehr verzweifelt!

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Einfach zu Hause ins Kino gehen, am besten ins „Casablanca“ über www.casablanca-nuernberg.de, Kinogutscheine kaufen oder gleich Mitglied werden.

Oder schon jetzt Theaterkartenkarten kaufen, am besten beim Gostner Hoftheater: https://gostner.de

Foto: Gerd Grimm


u gutbrod

Inge Gutbrod

Zur Person:
inge gutbrod, seit 1990 freischaffende künstlerin.

Online zu finden unter:
inge-gutbrod.de
facebook
instagram

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Ich kann ganz „normal“ zum arbeiten in mein atelier gehen, bin weiterhin selbstbestimmt und das empfinde ich gerade als großen luxus.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

ein schon länger geplanter ankauf fand statt.

emotional stützt mich mein kind, mein freund, meine kunst!

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

gesichtsmasken sehen scheiße aus!

solidarität leben geht.

corona-soforthilfe für freischaffende künstler bleibt wohl utopie – aber die hoffnung stirbt zuletzt!

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

wir sollten dankbar sein für die freiheit, den frieden und die selbstbestimmtheit, die wir normalerweise leben können.

und dafür kämpfen, das es auch so bleibt.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

matthias egersdörfers nachrichten aus dem hinterhaus, täglich auf facebook

Foto: Nella Gutbrod


u harasim

Peter Harasim

Zur Person:

Peter Harasim, einer der Geschäftsführer des Concertbüro Franken GmbH und dem Hirsch in Nürnberg.

Online zu finden unter:

Über concertbuero-franken.de oder hirsch.cc kann man sich über die verlegten Konzerte oder Festivals aktuell informieren. Auch über unsere Facebook-Seiten. Den „Hirsch“ kann man bitte unterstützen über startnext.com/deerfriends

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Im Gegensatz zu vielen Leuten, die es sich leisten können in diesen Zeiten „Entschleunigung“ und „Rückbesinning auf das Wesentliche“ zu erfahren gehen wir im Büro grad durch die Hölle. Während unsere Kollegen in Kurzarbeit sind müssen die Geschaftsführer ran und 370 für dieses Jahr noch geplante Veranstaltungen bearbeiten. Manche müssen wir verlegen, manche absagen – bei vielen haben wir noch überhaupt keine klare Mitteilung von den Behörden, ob sie stattfinden können.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Finanziell geht´s grad gar nicht. Manche Ehemänner prahlen damit dass sie Ehegatten-Splitting haben.

Ich freue mich, dass es bei mir und meiner Frau nicht so ist.

Emotional denke ich  – trotz meiner berechtigten Zukunftsängste – oft an die unzähligen Menschen, die  nicht das Privileg haben dieser Krise in einer halbwegs abgesicherten Umgebung entgegen treten zu müssen und dem Virus noch viel schutzloser ausgeliefert sind. Leider haben viele Menschen hierzulande in dieser Hinsicht Demut und Dankbarkeit verlernt.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Ich habe gelernt, dass nichts auf der Welt sicher ist – bis auf den Tod.
Es gibt mehr Solidarität der Menschen untereinander – das ist unübersehbar.

Und man sollte nicht den Stab über jene brechen die mit dieser Krise nicht so gut zurecht kommen. Es sei denn sie verbreiten vorsätzlich krude Verschwörungs-Philosophien. Dagegen reagiere ich allergisch und wütend.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Siehe oben; ist eigentlich dieselbe Frage

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Es gibt keinen Kulturtip – weil es keine Kultur gibt.
Aber ich freue mich über jedes Fireplace-Konzert von Neil Young, das er auf seiner website gibt. Der gute Mann!


u herold foto mina reischer

Ulf Herold

Zur Person:

Mein Name ist Ulf Herold, ich bin 21 Jahre alt und bin als Veranstalter, DJ und Fotograf in Nürnberg tätig.

Online zu finden unter:
Facbook
Soundcloud 
Instagram

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?

Ich nutze die aktuelle Lage um viele Sachen auf zu arbeiten die liegen geblieben sind. Künstlerisch bedeutet dass das ich meine Schallplatten, als auch meine digitale Musik, neu sortiere. Ich arbeite weiter an Veranstaltungskonzepten und neuen Ideen für Podcasts, Veranstaltungen und Musik.

Privat kümmere ich mich viel um meine Wohnung, leg neue Pflanzen an, verschönere meine Wohnung, bau neue Möbel und versuche mich viel auf mich selber zu konzentrieren.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?

Dadurch das ich nicht von meiner Kunst lebe, sondern als Postbote arbeite kann ich mich finanziell sehr gut über Wasser halten.

Emotional war das am Anfang etwas schwierig, aber wie das so ist, gewöhnt man sich schnell an Alles. Nach den ersten Wochen hab ich angefangen aktiv zu werden und mir immer neue kleine Projekte zu suchen, die ich von daheim aus umsetzen kann. Das hat mir bisher sehr gut geholfen und gibt mir immer noch sehr viel Kraft.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Für mich hat diese Krise leider mal wieder gezeigt wie viele Menschen auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und wie schnell man aufhört an andere zu denken. Andererseits erlebe ich aber auch genau das Gegenteil an den vielen kleinen und großen Unterstützungen die zur Zeit aus dem nichts gedeihen (Nachbarschaftshilfe, erfolgreiche Spendenkampagnen etc.), was ich sehr schön finde. Gezeigt hat für mich die Krise auch welche Kraft man daraus ziehen kann. Für mich wurde durch die Krise auch mal wieder klar das man sich auf sich besinnen sollte und das einen das sehr glücklich machen kann.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?

Wir sollten aus dieser Zeit erkennen, das wir alle Teil eines großen Ganzen sind und das wir nicht alleine stehen. Wir sollten endlich erkennen das der Klimaschutz einmal mehr an erster Stelle stehen sollte, sonst war das alles erst der Anfang. Wir sollten für einander da sein, uns mehr auf uns und die Natur konzentrieren, auf das was um uns herum geschieht.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?

Ja, eine Playlist mit aller Art Dokus über elektronische Musik

Außerdem das neue Album von „King Krule – Man Alive!“

Foto: Mina Reischer


u heyden

Thomas Heyden

Zur Person:
Stellvertretender Direktor am Neuen Museum Nürnberg

Online zu finden unter:
Ich werde einen Teufel tun und meine Haut im Netz zu Markte tragen! (A)soziale Netzwerke können mir gestohlen bleiben!

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Indem ich versucht habe, so weiterzuleben und weiterzuarbeiten wie gehabt. Glücklicherweise wurde ich nicht zu Home-Office gezwungen.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Die Seuche hat mich ganz schön mürbe gemacht! In der Erinnerung verging die Zeit ganz zäh – und doch ist sie mir durch die Finger geronnen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Nichts, was ich nicht auch schon vorher gewusst hätte. Einige Bilder sind haften geblieben, vor allem von obdachlosen Menschen, die in den Wochen der Ausgangsbeschränkungen stärker als sonst wahrnehmbar wurden.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Dass Social Distancing durch fortschreitende Digitalisierung unserer Schulen und Universitäten, unserer Kultur, unseres Konsums, unserer Arbeitswelt und unserer Freizeit nicht zum Normalfall werden darf! Das macht die Menschen fertig und die Gesellschaft kaputt.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Werbung in eigener Sache: Das Neue Museum hat sein Erdgeschoss neu eingerichtet. Zum ersten Mal sind Kunst und Design bunt gemischt. Die „Mixed Zone“ macht hoffentlich auch unseren Besucherinnen und Besuchern Spaß!

Foto: Claudia Marquardt


u steffi-kohl-fotograf-sergej-pirner

Steffi Kohl

Zur Person:
Ich bin Mediendesignerin im Bereich Grafik und Videoanimation – momentan angestellt, aber auch freiberuflich tätig und zusätzlich arbeite ich noch ehrenamtlich für das Zentralcafe Kaya e.V.

Online zu finden unter:
Man kann mich gerne über Facebook kontaktieren! Mein Portfolio samt Showreel zeige ich gerne persönlich beim ersten Treffen.

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Wie ich die Corona-Zeit nutze? Tatsächlich habe ich mich mal im Masken nähen versucht (andere können das aber viel besser) und nebenbei viel aufgearbeitet was so liegen geblieben ist – war irgendwie befreiend!

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Bis vor ein paar Monaten war ich noch als Grafikerin in der Veranstaltungsbranche tätig. Das wäre nun in dieser Phase finanziell untragbar für mich. Da fühle ich mit Freunden und Bekannten, die selbst Freiberufler, Künstler, Musiker, Friseure und Unternehmer im kleinen Stil sind. Deswegen habe ich bisschen gespendet oder Gutscheine gekauft. Ich war während meiner freiberuflichen Tätigkeit auch ab und zu mal knapp dran und bekam Unterstützung – das habe ich mir gemerkt.

Ich habe das große Glück in einer Agentur angestellt zu sein. Das ist finanziell gerade sehr beruhigend. Wir sind übrigens ein kleines Team, so dass wir uns gegen Homeoffice entscheiden haben. Wir halten natürlich schon gewisse Regeln ein, wie keinen Kundenkontakt oder Besuch, allgemein Abstand halten, Hände waschen und desinfizieren usw. Bin sehr froh darüber, dass ich in die Arbeit radeln kann (wie immer), und durch die Arbeitskollegen hat man dann doch etwas Gesellschaft. Ich war schon bei einem Tag im Test-Homeoffice total gelangweilt.

Unser Zentralcafe fehlt mir allerdings sehr. In dieser Zeit sieht man mal wie wichtig Kunst und Kultur ist! Nach dem Brandanschlag auf das Zentralcafe mussten wir eh fast ein halbes Jahr warten, bis wir wieder eröffnen konnten. Bis auf zwei veranstaltete Konzerte nach der Wiedereröffnung, liegt erst einmal alles krisenbedingt auf Eis.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Während der Ausgangsbeschränkungen ist stark aufgefallen, dass gerade die unterbezahlten Jobs am wichtigsten sind! Vielleicht sollte man sich da mal Gedanken machen über angemessenere Bezahlung und mehr Respekt gegenüber diesen Arbeitnehmern!

Persönlich wurde mir bewusst, wie wichtig es ist Familie und Freunde zu treffen, wann und wo und wie ich will!

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Wahrscheinlich geht es demnächst alles weiter wie bisher. Vielleicht nur schneller, intensiver und vielleicht an der ein oder anderen Stelle sogar strenger. Ich glaube nicht wirklich daran, dass man die Krise nutzt, um manches positiv umzusetzen bzw. um aus Fehlern zu lernen …

Naja, der Gewinner der Corona-Krise für die Allgemeinheit ist höchstwahrscheinlich der Spaziergang und der Klopapier-Vorrat!

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Mein Kulturtipp Nr. 1 ist natürlich unser De-Zentralcafe in der Kantine! Punk-/Hardcore-/Rockabilly-Konzerte (vom Zentralcafe oder auch in Coop mit Eat The Beat), Northern Soulnight und Reggae Hit The Town – dort bin ich selbst tätig, aber auch immer gerne einfach nur als Gast! Ihr findet uns auf Facebook unter: Zentralcafé Kaya e.V.oder www.zentralcafe.com

Ein weiterer Tipp: Der Kunstkeller in Fürth! Übrigens mein letztes gesellschaftliches Ereignis vor den Ausgangsbeschränkungen waren THE VIBRATORS dort! Konzerte mit Wohnzimmeratmosphäre!

Facebook: kunstkellero27 oder www.kunstkeller-o27.de
Und wenn mal Kino, dann ins Casablanca natürlich!
Facebook: Casablanca Filmkunsttheater Nürnberg oder www.casablanca-nuernberg.de

Foto: Sergej Pirner


u korber tessi

Tessa Korber

Zur Person:
Schriftstellerin

Online zu finden unter:

Youtube, Stream Forward

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich lese, schreibe, lese, schreibe …

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Das Geld wird knapper, weil alle Auftritte und Kurse wegfallen, aber noch fließen ein paar Quellen, hauptsächlich durch Online-Unterricht.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Was ich schon wusste: Das Leben ist nicht planbar. Vermeintliche Selbstverständlichkeiten können über Nacht verschwinden. Was wir für unser Leben gehalten haben, war nur ein Moment in der Historie.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Realität ist eine Frage der kollektiven Wahrnehmung; und die wird von Medien und Meinungen gemacht und ist für den Einzelnen nicht mehr überprüfbar und kaum noch beeinflussbar. Manche Gesellschaften werfen auf Zuruf alles weg, andere versuchen um ihre Werte zu kämpfen, wie Schweden, das meine ganze Sympathie hat.

Sorry, ich tu mir schwer mit der Ermutigung. Immerhin: Wir sollten versuchen, uns etwas zu erhalten, das wir als unser eigenes Leben begreifen und bejahen können. Und den Gestaltungsspielraum nutzen, den wir haben. Das ist eh das beste: gestalten und spielen. So lange man kann.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Im Moment bevorzuge ich gaaaanz alte und heitere Filme, wie z.B. „Über den Dächern von Nizza“. Und das Durchblättern meiner Bildbände.

Foto: privat


u lamprecht

Reinhard Lamprecht

Zur Person:
Ich bin Gründer und Herausgeber des curt Magazins.

Online zu finden unter:

curt.de/nbg
Instagram
Facebook

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
In 22 Jahren ist noch nie eine Ausgabe ausgefallen – jetzt werden es drei sein. Stattdessen gibt es eine Corona-Sonderausgabe, wir haben eigene Projekte mit Künstlern gestartet und unsere Website befeuert.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
curt hat Soforthilfe bekommen und wir sind in Kurzarbeit. Zu tun gibt es genügend, vielleicht sogar mehr als sonst, weil sich ja täglich alles ändert. Als ewige Frohnatur geht es mir emotional gut – aber ich bin ja auch zum Glück nicht einsam und sehe gerne in allem auch immer Gutes und Chancen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Lokaler Support war schon immer zentrales Thema und Antrieb für curt. Gerechtigkeit und Solidarität sollten selbstverständlich sein – vielleicht werden sie es jetzt. Aber, leider, vermutlich nicht nachhaltig genug. Schon spannend, wer und was sich plötzlich so bewegt und plötzlich die Solidarität entdeckt, wenn auf einmal alle von einer Krise betroffen sind. Es geht also doch – wieder was gelernt. Und auch gelernt: Wie sehr mir all die Sozialkontakte fehlten.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Nichts geht über Familie, Freunde und Gesundheit. Mehr denn je sollte man auch genau hinsehen, wie es den Anderen geht – das hat hoffentlich jeder gelernt. Erschreckend ist, wie Klimaschutz und die Flüchtlingsthemen untergehen. Erkenntnis: Das ist alles Arbeit, und wir dürfen damit nicht aufhören. Und: Wie extrem gut es uns hier geht, auch gerade in der Krise, das ist trügerisch. Wir haben großes Glück, das den meisten anderen verwehrt bleibt.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Kunst im öffentlichen Raum – auf Plakatflächen. Autokino. Spazierengehen. Wieder in Museen gehen. Lesen.

Foto: Sarah Guber


u langer

André Langer

Zur Person:
André Langer (40), freiberuflicher Grafik- und Webdesigner, Gesellschafter bei der Studio 90419 GbR und Betreiber der Gitarrenschule „Gitarre lernen Nürnberg“.

Online zu finden unter:
www.amtfuerwerbung.de
www.gitarre-nuernberg.de

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Zeit für mich, oder Zeit um mich künstlerisch zu verwirklichen gibt es momentan quasi nicht (ausser im Rahmen des Jobs). Ich switche zwischen Kinderbetreuung und Büro, arbeite teils bis in die Nacht hinein, damit ich an vereinzelten Tagen tagsüber Zeit für meine Tochter habe, die aktuell nicht in die Kita kann. Ich empfinde es aber als großes Glück in so einer Krisenzeit volle Auftragsbücher zu haben.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Entgegen den meisten aus meinem Umfeld hab ich scheinbar sehr viel Glück. Ich habe mit der GbR und als Freiberufler gute Aufträge und somit auch gutes Einkommen und durch die Beschränkungen stelle ich fest, wie wenig ich eigentlich brauche und wie fremdbestimmt mein Kalender teilweise war.

Die Gitarrenschule hat Einbußen, aber auch da konnten wir durch das Angebot von Onlineunterricht schnell wieder handlungsfähig sein. Da waren wir sehr früh dran in Nürnberg und haben gleich etwas für die Zukunft geschaffen, da wir damit natürlich standortunabhängig sind.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Ich finde, diese Krise fördert leider das komplette Ausmaß menschlicher Dummheit zutage. Ob global gesehen, oder im unmittelbaren Umfeld. Wenn ich da an die Zeit vor den Beschränkungen denke, oder jetzt wenn die Verschwörer aus ihren Löchern kriechen.

Gerechtigkeit und Solidarität? Ob es nun um den Kulturbereich, oder die Pflege geht, vieles was da der Presse zu entnehmen ist, empfinde ich leider als geheuchelt. Ist nichts Neues, aber Kultur scheint nicht viel wert und ob die Zustände für das Pflegepersonal durch die Krise wirklich merklich besser werden, bezweifle ich momentan auch. Aber es gibt Applaus, immerhin. Ist ja schon immerdas Brot des Künstlers.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Erkenntnis: Ehrlich gesagt find ich es schon ganz gut in Deutschland zu leben, bei allem, was mir nicht gefällt. Und das sage trotz des Ärgernisses, dass die Hilfe für den Kulturbereich nicht im versprochenen Maße stattfand bisher. Zumindest hat Frau Merkel uns noch nicht geraten Desinfektionsmittel zu spritzen. Und AFD und Konsorten haben aktuell nichts zu melden.

Ich würde mir auch wünschen, dass wir alle eine gewisse Entschleunigung beibehalten. Die Straße vor unserem Haus war nie so ruhig wie in den letzten Wochen. Man hat ja in vielen Teilen der Welt gesehen welchen positiven Effekt das auch auf die Umwelt hat. Bei meinem regelmäßigen Waldbesuchen mit meiner Tochter sehen wir fast immer Rehe und das keine 20min von der Innenstadt entfernt. Fände ich gut, wenn das so bleibt.

Ernüchternd und enttäuschend sind für mich die Wut auf Leute wie Drosten und der schnelle Schrei nach Freiheit und Lockerungen, gestützt auf die Expertise aus 20 Minuten Facebook. Das sind wahrscheinlich die gleichen Leute, die bei einer möglichen zweiten Welle rufen: „Tut doch endlich was!“ Und Politiker wie der Laschet haben dafür ganz schnell die Zündschnur gelegt.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Ich habe während Corona die Band HIS GOLDEN MESSANGER für mich entdeckt und das neue Livealbum von Daniel Romano

Foto: Nadine Rodler


u de ligt

Natalie de Ligt

Zur Person:
Ich bin derzeit noch freiberufliche Kuratorin und Autorin

Online zu finden unter:
Ab Juni leite ich die kunst galerie fürth. Was ich beruflich mache, kann man dann auf der Website sehen.

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich arbeite zu Hause an einem Auftrag.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Es ist schön, verheiratet zu sein. Das liegt natürlich an meinem Mann. Alleinstehend oder alleinwohnend zu sein in dieser Zeit würde mich bestimmt emotional belasten.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Nichts ersetzt auf Dauer persönliche Kontakte, Begegnungen und Nähe.

Den Tag strukturieren zu können, wenn die ansonsten von außen kommenden Strukturen weitgehend wegfallen, ist segens- und hilfreich. Ich frage mich, was der Kulturbereich ohne Öffentlichkeit und Publikum und den dadurch ja auch entstehenden Austausch ist?

Mit dem Blick zurück vor Corona bin ich dankbar für Dinge, die eigentlich selbstverständlich sind. Das ist natürlich absurd und bringt mich nicht weiter. Also überlege ich mir, wie die Dinge unter den Corona-Bedingungen laufen können, wie ich etwa eine Kunstausstellung trotzdem zu einer möglichst von den Umständen losgelösten Erfahrung machen kann.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Andreas Sohlers Schaufenster-Ausstellungen »in« ihrem Atelier in Fürth. Hier lädt sie jeden Monat eine/n anderen Künstler/in ein, das Fenster ihres Ateliers als Kunstplattform zu nutzen. Die oechsner galerie startete eine Ausstellung mit dem Titel »peu a peu«. In den anfangs leeren Galerieraum kommt jede Woche ein/e Künstler/in hinzu und hängt ein bis drei Arbeiten, und so formt sich alles allmählich zu einer Ausstellung.

Foto: Matthias Egersdörfer


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David Lodhi

Zur Person:
Mitbetreiber vom Club Stereo (der auch Konzerte oder Festivals in KORN´S, Katharinenruine, Z-Bau oder Hirsch veranstaltet), Mitveranstalter des Nürnberg Pop Festivals, Vorstandsmitglied in Kulturliga und VPBy (Verband für Popkultur in Bayern e.V.), Journalist.

Ich bin kein Künstler, sondern beherberge Künstler*innen in meinem Club und meinen Projekten wie dem Nürnberg Pop Festival.

Online zu finden unter:
club-stereo.net
Facebook
Instagram

Falls jemand uns etwas spenden will: www.paypal.me/clubstereo

nuernberg-pop.com
Facebook Nürnberg-Pop
Instagram Nürnberg-Pop

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Für uns Spielstättenbetreiber*innen und Veranstalter*innen gibt es im Moment keinen Rettungsschirm. Es wird immerhin sowohl beim Bund als auch beim Freistaat und der Kommune darüber gesprochen. Ich kann nur hoffen, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis konkret was passiert. Vielen Spielstättenbetreiber*innen und Veranstalter*innen könnte im Hochsommer die Luft ausgehen.

Rein privat betrachtet hat es durchaus schöne Seiten, mehr Zeit für seine Familie zu haben. Wir haben das Glück eines großen Gartens, in dem wir Gemüse und Kräuter anpflanzen. Damit beschäftigen wir uns viel zur Zeit.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Finanziell: meine Ersparnisse. Emotional: mein Wille, meine Familie und meine Freunde.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Es ist nach einer insgesamt heftigen, aber verhältnismäßig kurzen Zeit schwer, von „Lernen“ zu sprechen. Aber eine gewisse Art von Entschleunigung ist Teil der Corona-Auswirkungen und tut nicht nur mir ganz gut. Solidarität findet in meinem direkten Umfeld statt. Ich finde es allerdings, sobald ich den Kreis größer spanne, wirklich schlimm, dass der Blick von vielen Menschen nicht bis zu den EU-Außengrenzen oder anderen, viel schlimmer betroffenen Ländern oder Kontinenten reicht.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Europa ist zu einer Art Nationalstaatmodus zurück gekehrt. Es muss eine erste Erkenntnis sein, dass dies möglich war. Trotz all dem, was in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten geschaffen und von uns mitgestaltet worden ist. Wo ist dieses Europa nun? Es lauert eine große, von vielen noch unterschätzte, Gefahr genau darin. Wir sollten uns dessen bewusst werden und uns gegen die ständigen Angriffe von rechts viel stärker zur Wehr setzen. Ich zitiere den Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano: „… Die wollen keine Demokratie. Ich weiß nicht, was werden soll, wenn es noch mehr werden, die eine menschenverachtende Ideologie haben. Ich weiß nur, was ich gesehen habe …“

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Nö. Ich sehe keinen Sinn darin, jetzt Stream x oder Autokino y (kommt bald auch nach Nürnberg) zu schreiben. Das hat nichts mit dem was ich unter Kultur verstehe zu tun. Wenn schon, dann lest die Kulturstrategie der Stadt Nürnberg (zur Bewerbung als Kulturhauptstadt 2025), schreibt danach einen offenen Brief an Kulturreferat / Projektbüro der Stadt Nürnberg und erinnert sie daran, was in dieser Kulturstrategie drinnen steht.

Foto: privat


u Lohmann Meike

Meike Lohmann

Zur Person:
Ich bin Malerin.

Online zu finden unter:
meike-lohmann.com
Instagram

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Theoretisch könnte ich zu jeder Zeit und an jedem Ort arbeiten, praktisch ist das aber aus familiären Gründen derzeit kaum möglich. Meine künstlerische Arbeit muss deshalb leider weitestgehend ruhen. Stattdessen halte ich regelmäßig Konferenzen mit Kuscheltieren, ärger mich darüber, dass Batman schon wieder auf dem Klo sitzt und beobachte Sonnenblumenkerne beim keimen!

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Auch wenn es mir nach einiger Zeit schwer gefallen ist hielt ich die Einschränkungen immer für sinnvoll. Das konnte ich einigermaßen durchhalten, viel schwerer sind solche drastischen Maßnahmen meiner Meinung nach für unsere Senioren und Kinder die tatsächlich richtig schwere Eingriffe in ihren Alltag erleben mussten. Da es für mich als Malerin immer ein auf und ab mit den Verkäufen ist fielen bei mir auch die finanziellen Auswirkungen nicht so sehr ins Gewicht wie bei Berufen bei denen Aufträge abgewickelt werden müssen. Wie die meisten unter uns habe ich auch einen Nebenjob um ein beständiges Einkommen zu haben.

Viel bedenklicher finde ich die langfristigen Folgen. Noch ist nicht klar ob wir in Zukunft weniger Bilder verkaufen werden und wie stark der Ausstellungsbetrieb ins Wackeln gerät. Kultur wird ja oft als eher nebensächlich und unwichtig an den Rand gedrängt und vielen Menschen fällt es sowieso schon schwer nachzuvollziehen dass Bildender Künstler tatsächlich ein Beruf ist. Ich kenne bereits eine kulturelle Einrichtung der Fördergelder gestrichen wurden und somit vor dem Aus steht. Der Kulturbetrieb ist ein großer Verlierer in der Krise.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Große Leidtragende sind auf jeden Fall viele Familien. Dabei meine ich nicht unbedingt die bereits kräftezehrende Vereinbarkeit von Familie und Beruf sondern denke auch an die sozialen Unterschiede die jetzt erst recht zum Vorschein kommen. Ich kenne Lehrer die mit dem Shutdown nichts mehr von dem einen oder anderen Schüler gehört haben weil sich aus welchen Gründen auch immer die Eltern nicht darum kümmern können. Eine Familie mit mehreren schulpflichtigen Kindern hat gar nicht die Endgeräte für alle zur Verfügung um einem Online-Unterricht zu folgen. Ich denke auch an eine Mutter eines autistischen Kindes die völlig am Ende ihrer Kräfte ist weil bestimmte Strukturen und Entlastungen komplett wegfallen! Andererseits gewinnt ein „wie geht es Dir?“ wieder eine echte Bedeutung und ist nicht so dahin gesagt. Nachbarn rücken zusammen und kümmern sich umeinander und leben nicht mehr nebenher. Das finde ich schön.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Mir persönlich ist die Klimadebatte sehr wichtig. Die aktuellen Einschränkungen in Bezug auf den Konsum könnten meiner Meinung nach eine große Chance sein einiges umzukrempeln. Das fängt an das eigene Kaufverhalten zu überprüfen bis hin zu Standortverlegungen in der Wirtschaft. Plötzlich waren z.B. wichtige Medikamente knapp weil wichtige Grundstoffe in Asien produziert werden. Wenn ich allerdings Bilder von den andrängenden Menschenmassen vor einem Möbelhaus oder die überfüllten Spielplätze sehe nachdem die ersten Lockerungen durch waren wage ich es zu bezweifeln ob die Leute nicht einfach wieder weiter machen wie vorher.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Aktuell kann man ja noch nicht so viel unternehmen. Um trotzdem einen kurzen Rundumschlag in diverse kulturelle Richtungen zu bekommen, kann ich deshalb „Tracks“ auf Arte empfehlen. Ich sehe mir das immer wieder gerne an, das kann man auch gut über die Mediathek nachsehen.

Foto: Tobias Ziegler


u mäkkelä_by_RobertSoellner

Martti Mäkkelä

Zur Person:
Musiker

Online zu finden unter:

maekkelae.com
Facebook

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich versuche seit dem 15. März von meiner alten in meine neue Wohnung zu ziehen. Bin vorsichtig optimistisch, dass ich da ab Juni leben kann.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Finanziell durch Spenden, Merch-Verkäufe und hoffentlich demnächst die bayerische Unterstützung für Künstler.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Sehr große Hilfs- und Spendenbereitschaft im Freundeskreis, bei Fans und Menschen die ich überhaupt nicht kenne, das war und ist herzzerreissend beeindruckend, und das mein ich absolut ernst. Die nicht ganz neue Erkenntnis, dass Künstler, die in meiner Sparte tätig sind, in der Politik keinen übermässig hohen Stellenwert geniessen, wobei das sicherlich spartenübergreifend ist. Unter Künstlern erfahre ich gerade sehr große Solidarität in vielerlei Form. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Situation aus den Menschen sowohl sehr sehr positive Wesenszüge als auch ganz schlimme an die Oberfläche spült.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Das unsere überaus komfortable Lebenssituation in einer der wohlhabendsten und sichersten Regionen der Welt auf keinen Fall selbstverständlich ist. Aktuell kann sich der eine oder andere ja jetzt vielleicht etwas plastischer vorstellen, wie es ist, eingesperrt zu sein, Restriktionen ausgesetzt zu sein oder vielleicht auch keine sichere Bleibe zu haben. Als Künstler erwarte ich mir von der Politik ein klareres Bekenntnis nicht nur zur Hochkultur. Auch in Form von langfristigen Förderungen unter realitätsnahen Rahmenbedingungen, das wäre mal was neues. Nicht erst wenn auffällt, dass aufgrund einer Krisensituation auf einmal tausende von Kunstschaffenden von einem Tag auf den anderen in ihrer Existenz bedroht sind. Da helfen dann auch mal ein paar planlos unters Volk gestreute Millionen vielleicht mal kurzfristig, aber  icht wirklich nachhaltig weiter.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Die Arbeiten der Malerin Julia Frischmann.

Foto: Robert Söllner


u Mendlik foto Thomas_Langer

Ulrike Mendlik

Zur Person:
Geschäftsführerin des nürnberger burgtheaters.

Online zu finden unter:
burgtheater.de
Facebook
Instagram
Betterplace

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Die wenige Zeit, die trotz Corona bleibt, nutzen das Team des nürnberger burgtheaters und auch ich privat dazu, innezuhalten und herauszufinden was uns im Theater und für uns persönlich wirklich wichtig ist und worauf wir auch in Zukunft keinesfalls verzichten möchten.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Finanziell hält das nürnberger burgtheater ohne weitere Hilfen vielleicht bis Ende des Sommers durch, danach sind wir wohl eher unter Wasser zu finden. Emotional hilft uns Zuspruch, Verständnis und das Vertrauen und von langjährigen Partnern, Mitgliedern, (Stamm)gästen und ganz generell Menschen, die unsere Arbeit schätzen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Eine alte Erkenntnis: Krisensituationen bringen in vielen Menschen das Beste zum Vorschein. Bei einigen aber auch das Schlechteste.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Nichts für selbstverständlich halten. Sich der eigenen Verletzlichkeit bewusst sein. Demut und Dankbarkeit gegenüber vermeintlichen Kleinigkeiten. Keine Angst haben.

Foto: Thomas Langer


u neumann karsten

Karsten Neumann

Zur Person:

Als konzeptkünstler habe ich 2002 die kunststadt Bethang begründet. Diese entsteht aus NürnBErg, FürTH und ErlANGen. Seit 2004 arbeite ich Bethang konsequent künstlerisch aus.

Online zu finden unter:

bethang.org
Twitter

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich nutzte die „Corona-zeit“ weder künstlerisch noch privat irgendwie speziell.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Finanziell lebe ich seit jahrzehnten am existenzminimum. Atelier habe ich seit 2002 keines mehr und arbeite in meinem wohnbüro. D.h. da ich mit gefundenem plastikmüll arbeite ist z.b. oft das bad voll mit müll, da ich den ja vor der verarbeitung wasche. Der esstisch ist voll mit plastikschnipseln und werkzeug. Für mich ändert sich nicht also nicht so viel. Einzig hin und wieder einen café im strassencafé trinken fällt weg und das vermisse ich manchmal, das blöde glotzen auf vorbei fahrende autos. Wenn man sehr wenig geld hat ist es auf dauer auch schwer sozialkontakte zu pflegen, weil man ja seher selten auch mal eine einladung ausprechen kann. Zur emotionalen stabilität: früh ein glas laufwarmes wassern, dann meditieren, dann eine runde spazieren und dann frühstücken mit online zeitunglesen (print kann ich mir nicht leisten) und twittern. Das ist aber eher unabhängig von Corona, doch auch gerade jetzt besonders hilfreich.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Heiliges karma, was für eine frage! Die menschen ticken immer noch meist so wie vorher, praktizieren anhaftung oder abneigung, den beiden massgeblichen ursachen für wiedergeburt. Interessant ist, dass die kunstsammler sich jetzt um „ihre“ firma, „ihre“ mitarbeiter, „ihre“ altersvorsorge kümmern, aber nicht um „ihre“ künstler. Alle meinen auf kunst am ehesten verzichten zu können. Aber eigentlich war das shon immer so, lieber drei autos vor der tür, als ein gutes bild.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Die wichtigste erkenntnis ist doch, dass wir alle vergänglich sind, dass unser leben flüchtig wie eine wasserblase ist. Das sollten wir alle viel mehr bedenken und verinnerlichen, dann werden wir uns auch mehr anderen zu wenden um ihnen zu helfen, anstatt immer nur an uns selber zu denken.

Da sind ja schon kleinigkeiten bemerkenswert und hilfreich. Ich für meinen teil hebe z.b. schon seit vielen, vielen jahren fast täglich müll im öffentlichen raum auf, schmeisse ihn weg und widme das dem weltfrieden und, wenn es nur ein kleines schnipselchen oder ein zigarettenstummel ist. Oder ich sortiere im supermarkt etwas im regal richtig ein, das ein anderer kunde einfach achtlos durcheinander geschmissen hat.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Die aktion „Bei Anruf Kunst“ vom Germanischen Nationalmuseum finde ich klasse, endlich mal was anderes als die derzeit meist übliche flucht ins digitale vieler kunst- und kultureinrichtungen weltweit!

https://www.gnm.de/museum/bei-anruf-kunst/


Nazzarena Poli Maramotti nel suo studio a Cavriago. Foto © Masiar Pasquali

Nazzarena Poli Maramotti

Zur Person:
Studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und wohnt seit einem Jahr wieder in ihrem Heimatland Italien.

Online zu finden unter: 

Instagram

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich habe das Glück, das Studio in dem Haus zu haben, in dem ich wohne, und die Gewohnheit zu haben, mich mit Materialien zu versorgen. Ich musste also nicht vielimprovisieren und meine Arbeitsweise hielt die Kontinuität aufrecht. Trotzdem spürte ich an dem Tag, an dem die Quarantäne ausgelöst wurde (hier in Italien am 8 März schon), eine innere Zäsur. Ich brauchte einige Zeit, um wieder malen zu können.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Wie ich bereits gesagt habe, hat hier in Italien die Quarantäne früher begonnen und die restriktiven Maßnahmen sind strenger. Von Anfang an suchten die Menschen, nach alternativen Wegen, sich zu treffen. Ich fühlte auch sofort meine Freunde aus Nürnberg nahe. Dank der Technologie können wir uns hören, wann wir wollen, und das hat mir sehr geholfen. Es ist auch sehr wichtig zu versuchen, nicht zu viel über die Zukunft oder das Ende der Pandemie nachzudenken. Man sollte es nicht eilig haben, sonst geht die Orientierung verloren. In Bezug auf den finanziellen Aspekt muss ich mich auf die Einsparungen verlassen, die ich bisher beiseite gelegt habe, und verstehen, wie lange sie für mich ausreichen werden. Der italienische Staat versucht, mit dem Notfall fertig zu werden, verfügt jedoch nicht über viele Ressourcen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?

Ich glaube, es ist eine Zeit, in der wir uns alle unserem bürgerlichen Sinn und dem anderer stellen müssen, in der das Wort Freiheit neue Bedeutungen annehmen muss und persönliches Opfer einer sehr großen Sache dient. Wir sitzen nicht alle im selben Boot, sondern im selben Sturm.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Ich denke, es ist jetzt viel klarer, dass die Probleme, mit denen andere Nationen konfrontiert sind, schnell zu unseren werden.

Foto: Masiar Pasquali


u oechsner

Annette Oechsner

Zur Person:
Galeristin

Online zu finden unter:

oechsner-galerie.de
Instagram

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Als Galeristin musste ich die laufende Ausstellung von Sebastian Tröger „In Zeiten des Wahnsinns“ für Besucher schließen. Gleichzeitig war der Ausstellungstitel praktisch über Nacht erschreckende Realität geworden mit dem Lockdown, mit den Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Wir haben damit weitergearbeitet und an der Galeriefassade eine Lichtarbeit von Sebastian Tröger mit den Worten „better future tomorrow“ angebracht, die jeder von außen sehen kann. Und Statements dazu vermailt und auf die Website gestellt. Auch musste ja vorausgedacht werden, was kommt nach dieser Ausstellung? Wie halte ich mit den Galeriekünstlern den Kontakt zu unseren Sammlern, Freunden, Interessenten? Alles verbunden mit der Unsicherheit, wie ist es morgen, nächste Woche, nächsten Monat – wie geht es mit der Kunst und Kultur überhaupt weiter? Nun dürfen wir ja wieder öffnen und ich bin ich froh, aus der Situation heraus die Ausstellung peu à peu entwickelt zu haben, die jetzt anläuft.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Im Kunstbereich haben wir Übung darin, immer wieder mit finanziell prekären Situationen umzugehen. Die größere Sorge ist, wie lange sich die Auswirkungen hinziehen werden. Man spricht ja von einer Jahrhundertrezession. Die Zukunft für den Kunstkauf könnte wenig rosig aussehen. Aber es gibt auch jetzt treue Sammler und Freunde. Das stärkt…..und abends vor dem Heimgehen ziehe ich in der Galerie oft ein paar Runden mit den Inlineskates.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Wir sind in meiner Familie durch Corona mit dem Sterben konfrontiert worden. Da spürt man, wie flüchtig die Gesundheit und das Leben sein können. Dass Nächstenliebe und das Einstehen für den anderen nicht nur eine Worthülse sein darf.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Die Fragilität, Komplexität des gesamtgesellschaftlichen Gefüges wird uns drastisch vor Augen geführt. Nun kann jeder neu versuchen, ein guter Mensch zu sein. Und den Moment, die Stunde, den Tag bewusster wahrnehmen.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Egers-Nachrichten – Neues aus dem Hinterhof schauen – täglich. Und wie immer: Bayern 2 hören, ich bin leidenschaftliche Radiohörerin.

Foto: Rainer Kradisch


u Pyka (c) Annika Bahr Luxlumen Fotografie

Isabelle Pyka

Zur Person:
Geschäftsführerin beim Gostner Hoftheater.

Online zu finden unter:

Alle Infos zu uns und unserem Programm gibt’s unter www.gostner.de, unter www.gut-fuer-nuernberg.de könnt ihr uns unterstützen, auf Instagram gibt’s immer mal wieder Blicke hinter die Kulissen und auf Facebook  findet ihr uns ebenfalls.

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Das Theater ist geschlossen, das Vorverkaufsbüro ebenfalls – wir nutzen diese Zeit um ein paar Renovierungsarbeiten anzugehen. Daher teile ich meine Arbeitszeit ein zwischen Büro, Home Office & Baustelle.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Wir fahren einen mittelstrengen Sparplan – das heißt, Kurzarbeit und Produktionsabsagen, um Kosten einzusparen, aber gleichzeitig möglichst viel Verantwortung für die Menschen zu übernehmen, die bei uns am Haus arbeiten. Daher sammeln wir Spenden, um baldmöglichst wieder spielen zu können (https://www.gut-fuer-nuernberg.de/projects/78897). Gerade die Spendenkampagne hilft auch emotional total: Unser Publikum lässt und auf vielen Wegen spüren, dass sie uns vermissen & sich wünschen, dass wir diese Phase überstehen! Es sind schon mehr als 15.000,00€ zusammen gekommen, was ganz großartig ist!

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Dass sehr viele Menschen sehr entschlossen hinter uns stehen! Und dass Heulen am Schreibtisch gar nicht so schlimm ist 😉

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Dass viele Dinge eben doch gehen, wenn man will. Ich denke da beispielsweise an Initiativen von behinderten Menschen, die schon lange mehr Home-Office-Möglichkeiten fordern und bisher immer mit einem „Geht nicht“ abgespeist wurden. Jetzt sehen wir gerade: Es geht eben doch! Und auch ein Kurzstreckenflug für eine Meetingteilnahme muss nicht sein – es geht auch per Videokonferenz!

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Das Missy-Magazin! Kann man super online von daheim aus konsumieren, macht Spaß, eröffnet neue Perspektiven und liefert Gesprächsstoff für’s nächste Telefonat mit Freund*innen. Ansonsten natürlich Augen & Ohren offen halten, was die Nürnberger Kulturszene so treibt – damit ihr nicht verpasst, wenn’s wieder los geht!

Foto: Luxlumen Fotografie – Annika Bahr


u Sampil Dashdemed-RGB

Dashdemed Sampil

Zur Person:
Künstler.

Online zu finden unter:

dashdemed.com

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Tagsüber habe ich um meine Kinder gekümmert und abends bin ich zu meinem Atelier gegangen.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Es geht.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Zusammenhalten.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Es betrifft alle gesellschaftlichen Schichten.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
N.Norovbanzad, Under The Sun Of Placid World
(Urtiin duu -Mongolian Traditional Folk Long song)

Foto: Ernst Christian Dümmler


u schamberger

Klaus Schamberger

Zur Person:
Autor und freier Journalist

Online zu finden unter:
Über Twitter, Fäißbuck, Schmausenbuck, instagram, startnext bin ich 24 Std. am Tag nicht zu erreichen. Aber mein Briefkasten ist durchgehend geöffnet.

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ob mit oder ohne Seuche – Zeit ist Zeit. Künstlerisch bin ich nicht tätig, vielmehr forme ich aus Buchstaben Wörter, ja ganze Sätze, gelegentlich unfallfrei. Das schick ich dann 1x pro Woche an die NZ, zwischendurch an den Straßenkreuzer. Oder ich beantworte Fragen. Privat stehen mir zur Seite: 1 Ehefrau, 1 Familie, 2 Balkone, 1 G’müsgarten am Alten Kanal, 1 Sofa, 2 Fernseher, viele Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, 1 Telefon, 1 Eifon. Das langt mir.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Finanziell hab ich 1 Rente, Buchhonorare vom ars vivendi Verlag in Cadolzburg und ein weiteres Honorar von der NZ, bin also, was die Penunzen betrifft, ziemlich fein raus. Emotional beschwert es mein Gemüt erheblich, dass ich meine Enkel nicht in den Arm nehmen darf. Und wen ich für schöne Gespräche bei Kaffee, Bier, Wein, Schnaps oder 6 mit Meerrettich vermisse – die alle hinzuschreiben, dafür reicht der Platz nicht aus.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Ehrlich gesagt, nix.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Wieder einmal auf’s Brot geschmiert kriegen, dass nicht nur alle Menschen sterblich sind, sondern ich auch, führt zu einer ausgewogenen Dosis Demut und ist insofern dem Leben dienlich. Und: Es ginge scheint’s auch ohne Turbo-Shopping, -giering und Money-Nausschmeißing.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Lesen und – da das Wort Kultur das Partizip Perfekt Passiv (Klugscheißen wär auch ein Kulturtipp) von lat. colere kommt, was u.a. anbauen im Sinn von Ackerbestellung heißt, empfehle ich (am Fensterbrettla, am Balkon oder im Garten) Radieschen zu säen und ihnen beim Wachsen zuschauen. Man ist dann Augenzeuge eines Naturwunders und hat nach der Ernte eine schmackhafte Beilage für oben erwähntes Butterbrot. Aber obacht! Die Radieschen nicht von unten anschauen, jedenfalls vorläufig nicht.

Foto: Timm Schamberger


u schmidt wally

Wally Schmidt

Zur Person:
Ich bin Puppenspielerin und Künstlerische Leitung am Theater Salz+Pfeffer.

Online zu finden unter:

Auf unserer Website kann man sich auf den aktuellen Stand bringen, wie es Schritt für Schritt bei und für uns weitergeht. Hier findet man außerdem unsere neu entstandenen Online-Serien für Kinder und für unser erwachsenes Publikum unser „Corona-Tagebuch“ mit Clips aus dem Corona-Alltag unserer Puppen. Alles Videos gibt es auf YouTube, noch mehr Puppen-Content außerdem auf facebook und Instagram – und wer noch mehr über uns lesen möchte, sollte unseren Newsletter abonnieren.

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Als Theaterhaus und als Künstler*innen leben wir vom Kontakt zu unserm Publikum. Diesen so gut es geht zu halten, stand von Beginn der Theaterschließung an erster Stelle, weit vor privaten oder individuell-künstlerischen Projekten. Unser Theater als Haus mag geschlossen sein, aber unser Daseinszweck bleibt ja bestehen: Unser Publikum zu unterhalten, Kindern den Zugang zu Kultur zu ermöglichen und zeitgenössisches Figurentheater in all seinen Spielformen anzubieten. Und wenn das im Moment nur online geht, ist das für uns der richtige Weg.

Gleichzeitig beschäftigt uns die Zeit nach dem Lockdown: Was braucht es, um unserem Publikum einen unbeschwerten Theaterbesuch zu ermöglichen, der natürlich trotzdem alle neuen Hygienestandards erfüllt? Als Theatermacher*innen mangelt es uns zum Glück nicht an Vorstellungskraft, uns einen Theaterherbst unter ganz anderen Bedingungen also noch zu Jahresbeginn vorstellen. Hauptsache wir dürfen wieder spielen!!!

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Als wir – quasi noch in Schockstarre – über die Schließung unseres Theater und alle damit verbundenen Vorstellungsabsagen grübelten, erreichten uns bereits erste Emails von Zuschauer*innen, die ihre Theaterkarten spenden wollten – das hat uns zu diesem frühen Zeitpunkt total überwältigt und uns einen emotional positiven Puffer für dunkle Stunden gegeben, die in den nächsten Wochen noch folgen sollten.

Aktuell kaufen die Leute online Solidaritätstickets für die Vorstellung, die zwar nie stattfinden wird – aber uns gerade enorm hilft, unsere laufenden Kosten zu decken. Die Option, auf Kurzarbeit umzustellen, ist natürlich für den Moment eine starke finanzielle Entlastung, aber bedeutet gleichzeitig, dass wir als Team neue Wege finden müssen, im Austausch zu bleiben.

Gemeinsames künstlerisches Konzipieren ist via Videochat gut zu machen, aber Proben, zumindest wie wir es gewohnt waren, unmöglich. Da aber zwei Mitglieder des Salz+Pfeffer-Ensembles glücklicherweise einen Haushalt teilen, konnten wir uns schon in die Proben zu unserer Neuproduktion „Jekyll+Hyde: Face me!“ werfen – Premierentermin ungewiss, Spielfreude garantiert!

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Kultur, Theater und damit mein Beruf sind nicht systemrelevant. Trotzdem sind wir ein Ort der Menschlichkeit – von Menschen, für Menschen, mit Menschen. Und so werden wir Wege finden, um unser Theater auch bald wieder mit Menschen zu füllen, denn für unser Publikum sind wir durchaus relevant!

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Die Erkenntnis, dass der Kapitalismus überholt ist und ein neues Lebenssystem gefunden werden muss – und vor allem auch kann! Die Kraft unsere Welt zu schützen (weniger CO2-Ausstoß heißt Natur-Heilung) – ich verliere nicht den Mut, dass mein Berufsverbot zu Ende geht, denn ich will meinen Beruf auch weiterhin ausüben und mit Menschen in direkten emotionalen Kontakt treten: gemeinsam lachen und weinen.

Ernüchternd, wie ein Bundesland, das sich Kultur in die Verfassung schreibt und eine Stadt, die Kulturhauptstadt werden will, ihre Kultur und Theater so gering schätzen können. Wir fühlen uns übersehen!

Foto: Ralph Zitzelsberger


u schwarzmann

Stephan Schwarzmann

Zur Person:
Künstler

Online zu finden unter:

www.stephan-schwarzmann.com

Auf Instagram und Facebook sind die aktuellsten  Grafiken zu sehen.

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Als freischaffender Künstler und Dozent bin ich im Moment ohne Einkommen. Nachdem meine erste Panik abgeflaut ist, genieße ich die Zeit im Atelier, arbeite an Aufträgen und erstelle Neukonzepte für Kinder- und Jugendworkshops, die ja nun weitgehend kontaktlos stattfinden werden müssen. Fade wird mir nicht.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Zu wissen, dass meine Lebensgefährtin mich in jeglicher Art und Weise unterstützt, mir beiseite steht, gibt mir einen festen Halt. Die finanzielle Unterstützung des Landes/Bundes entwickelt sich sehr zäh. Aber ich bin davon erfeut und positiv überrascht, wie die Kulturämter der Region auf die Künstler zukommen, und so sind auch mir wieder Aufträge ins Haus geflattert.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Ich habe das Gefühl, dass im Moment viele an einem Strang ziehen. Spontan sind Hilfsprojekte entstanden, es wird mehr Rücksicht genommen und auf den anderen acht gegeben. In jeglicher Hinsicht. Vom politischen Handeln bin ich entäuscht und zugleich positiv überrascht.

Gerecht geht es allerdings nicht zu. Es gibt zu viele Baustellen gleichzeitig und alle, Großkonzerne wie Soloselbständige, schreien nach Unterstützung. Im privaten Umfeld ist aber viel Wärme zu spüren, ich denke das sehen viele so. Freunde nähen Masken, gehen füreinander einkaufen, etc..

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Ein Treffen mit Freunden ist so wertvoll. Den Vater nicht im Krankehaus besuchen zu können ist schmerzlich (obwohl ich Krankenhausbesuche hasse!).

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Nach Bad Windsheim ins Freilandmuseum und Knieküchla essen.

Foto: Werner Baur


FOTO: Hans-Joachim Winckler  DATUM: 16.04.2020
MOTIV: Andrea Sohler Künstlerin vor ihrem Atelier in der Theaterstraße

Andrea Sohler

Zur Person:
Andrea Sohler, Künstlerin mit Atelier in der Fürther Innenstadt.

Online zu finden unter:

www.andrea-sohler.de

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Im Alltag und beim Arbeitsrhytmus im Atelier hat sich bei mir gar nicht so viel geändert. Aber ich habe anlässlich des Shutdowns spontan eine schon länger angedachte Ausstellungsreihe im SCHAUfenster meines Ateliers gestartet.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Die finanziellen Konsequenzen folgen ja erst zeitlich versetzt. Zur Sicherung meines Ateliers habe ich Soforthilfe beantragt und erhalten. Für die Lebenshaltungskosten wären die angekündigten 1000-Euro pro Monat (nicht nur für Künstler) eine würdevolle Maßnahme – und auch ein brauchbarer Test in Richtung bedingungsloses Grundeinkommen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Der Shutdown hat uns anfangs alle plötzlich auf einen ähnlichen Ruhelevel heruntergefahren; das fand ich äusserst interessant. Inzwischen stören die Differenzen der unterschiedlichen Lebensgeschwindigkeiten im Alltag langsam wieder diesen wundersamen Gleichklang.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Ich bin überzeugt, dass Entschleunigung der Welt ausserordentlich gut tun würde.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Ich empfehle eine anregende Grenzerfahrung entlang der Konturen des Städtedreiecks NürnBErg-FürTH-ErlANGen mithilfe der Bethang-Wanderkarte vom Künstler Karsten Neumann. Und natürlich einen Spaziergang zu meinem Ausstellungsprojekt SCHAUfenster in der Fürther Innenstadt, wo monatlich wechselnde Künstler präsentiert werden.

Foto: Hans-Joachim Winckler


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Elmar Tannert

Zur Person:
Freier Schriftsteller.

Online zu finden unter:

www.elmar-tannert.de

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich habe nicht wesentlich mehr freie Zeit als vorher, da sich bislang ein guter Teil meiner Broterwerbstätigkeiten auf Onlinebetrieb umlagern ließ. Aber wenn ich Zeit habe: Innehalten zum Lesen, Nachdenken, Musik machen, Spazierengehen, Nichtstun.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Finanziell: Noch hat sich für mich nicht so viel geändert. Noch …
Emotional: Da bin ich anfallsweise mehr unter als über Wasser, um nach meinem versunkenen Vormärz-Leben zu tauchen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Es ist offenbar ein sehr leichtes Spiel, Panik zu schüren und Menschen in die Vereinzelung einer künstlichen Ausnahmesituation zu treiben.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Wir sollten uns von Staat, Medien und Wissenschaft nicht ins Bockshorn jagen lassen. Es gab schon immer Viren, und schon immer sind Menschen an ihnen gestorben.

Wir haben keine „Corona-Krise“, sondern eine „Anti-Corona-Maßnahmen-Krise“, die meiner Ansicht nach weitaus schlimmer ist, als eine „Nur-Corona-Krise“ wäre, weil sie einen nicht wieder gutzumachenden kollektiven psychischen Schaden hinterlassen wird.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Auf meiner Suche nach einer heilen Welt bin ich vorübergehend in den Siebzigern gelandet, genauer gesagt: Bei der Nürnberger Band „Improved Sound Limited“.

Foto: Cris Civitillo


u wanoth

Fredder Wanoth

Zur Person:
Künstler

Online zu finden unter:
Ich bin „Digitaler Idiot“ – also nicht!

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich habe vergeblich versucht ein bißchen aufzuräumen.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Ich verprasse mein Erbe und trinke mehr Schnaps!

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Fragen dürfen nicht gestellt werden – denn es gibt keine Antworten!

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Jetzt ist die eigene „Inaugenscheinnahme“ abgeschafft!

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Sonnenuntergang auf dem Rechenberg

Foto: privat


u Weberpals

Dieter Weberpals

Zur Person:

Musiker.

Online zu finden unter:

weberpals-flute.de
afrikanisch-trommeln.de
Facebook Dieter Weberpals, Argile, afrikanisch-trommeln
Youtube: bibiafrica

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich bin freiberuflicher Musiker und nutze die Corona-Zeit, in der mir 100% aller Aufträge, Konzerte, Trommelkurse und Schulprojekte abgesagt wurden, zum Komponieren, zum intensiven Üben für zukünftige Konzerte, dem Erstellen von Online-Unterricht für meine Schüler. Das bringt mir wenigstens ein Minimum an Einnahmen, denn Hilfe wurde zwar mehrmals versprochen, bekommen haben wir aber bis heute nichts.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Sparsam leben und schauen, was geht. Mich an der Musik und den kleinen schönen Dingen freuen, die nichts kosten. Emotional habe ich meiner Enttäuschung in einem „Offenen Brief der Freiberufler*innen an Ministerpräsident Söder“ Ausdruck verliehen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Dass wir Freiberufler schon immer von der Politik und Gesellschaft benachteiligt werden, war mir klar. Dass es aber bei Corona so schlimm werden würde, dass man uns komplett „vergisst“ bzw. uns unverschuldet in Sozialhilfe abdrängen will (wir sind ja nicht arbeitslos, künstlerische Hochleistungen entstehen ja nicht durch „Faul-Herumsitzen“, sondern durch kreatives Tun) ist schon noch „eine Schippe drauf“. Überraschend ist aber die große Solidarität unter Freiberuflern und Kleingewerbetreibenden, denn dieses Verbot der Berufsausübung trifft uns alle gleich hart. Und: es gibt echte Fans, die helfen, das ist klasse!


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Barbara Weinberger

Zur Person:
Gold- und Silberschmiedin.

Online zu finden unter:

www.BarbaraWeinberger.de

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich arbeite still vor mich hin.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Ich habe eine kleine Rücklage – treue Kunden haben ins Schaufenster geschaut und wollten einige Stücke haben, die ich Ihnen dann zugeschickt habe.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Dass es richtig ist, künstlerische Arbeit nicht nur auf den Tourismus aufzubauen. Dass es Menschen gibt, die möchten, dass es meinen Laden weiter gibt.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Schauen, was wir wirklich brauchen. Langlebige Dinge kaufen, dafür weniger. Nicht dauernd herumreisen. Geiz ist nicht geil.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Lothar Fischer Museum Neumarkt!

Foto: privat


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Hjalmar Leander Weiss

Zur Person:
Maler, Aikidolehrer.

Online zu finden unter:

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich bin viel im Atelier und arbeite an goldenen Bildern: „Heldinnen“ „Heroines“. Von Krankenschwestern und anderen Frauen aus „systemrelevanten“ Berufen. Ich arbeite an meinem neuen Buch. Dafür ist jetzt genau die richtige Zeit. Ich übe täglich zwei Stunden Schwert und Stock im Fürther Stadtpark. Unser Aikidoverein muss seit Anfang März leider geschlossen bleiben. Ich vermisse die Gemeinschaft sehr.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
An Geldknappheit bin ich gewöhnt. Die Künstler sind die Ersten, die zu spüren bekommen, wenn es bergab geht. Sie sind die Letzten, die spüren, wenn es wieder bergauf geht. Für mich ist die Pandemie ein Desaster. Meine Ausstellungen können nicht besucht werden, weil die Galerien geschlossen sind. Ich hoffe auf die Hilfe von Freunden und Sammlern, die meine Arbeit schätzen.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Durch die größere Distanz sind viele Menschen achtsamer und freundlicher geworden. Luft und Wasser sind sauberer, weil der weltweite Verkehr eingeschränkt wurde. Die Tiere in der Natur erscheinen mir zutraulicher zu sein. Viele meiner Freunde genießen das neue Home Office. Vielleicht kann man viel Energie sparen, wenn die Leute von Zuhause aus arbeiten können.

Dass sofort die Kinderspielplätze gesperrt wurden, finde ich völlig absurd. Die Kinder müssen raus an die frische Luft, und sie müssen spielen und stark werden! (Cat Stevens 1970: Where do the children play)

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Der Natur ist es egal, welche Probleme die Menschen haben. Wir können Kontinente in Wüsten verwandeln. Wir können das Wasser vergiften. Die drei Grundübel der Menschheit sind: Dummheit, Gier und Hass. Die Evolution geht einfach weiter – auch ohne uns. Wir müssen mit der Natur leben und nicht gegen die Natur. Eine Gesellschaft kann man daran messen, was sie hervorbringt. Unser Zeitalter muss das Zeitalter der Kunst und der Spiritualität sein, oder es wird gar keines sein.

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Macht den Fernseher aus! Denkt selbst! Hört Bayern 4 Klassik! Die Sendung Jazz Time mit Beate Sampson empfehle ich. Wenn wieder geöffnet wird: Geht in das Neue Museum. Geht in die Kunstvilla. Geht in die Oechsner Galerie.

Foto: Hjalmar Leander Weiss bei der Erschaffung von Kunst unter Zuhilfenahme von fester, flüssiger und gasförmiger Materie.

Fotograf: Der erblindete Malerfreund Thomas Lösel 2019.


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Teresa Wiechova

Zur Person:
Künstlerin

Online zu finden unter:

www.wiechova.de

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich bin eine glückliche Gartenbesitzerin und dieser Garten versorgt mich mit Arbeit und Freude. Die schöne Landschaft des Altmühltals um mich herum, der Frühling, lassen mich diesen sonderbaren Coronazustand vergessen. Irgendwie bin ich sogar froh über diese Ausszeit. Es ist mir aber klar, dass auf dem Land völlig andere Zustände herrschen als in der Stadt. Auch war ich nie ein Partylöwe und bin gerne allein. Natürlich nutze ich die Zeit zum Malen. Und zum Kochen :-).

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Alle meine grafischen Aufträge, die ich z.B. für die Stadt Nürnberg mache und die vor allem kulturelle Veranstaltungen angehen, wurden gestoppt. 3 Ausstellungen wurden auf Eis gelegt. Kunstprojekte mit Kindern und Jugendlichen auf AEG finden auch nicht statt.

Also im Moment verdiene ich Null. Aber wie es so im freien Arbeitsleben ist, habe ich die Monate davor viel gearbeitet und Geld gespart, von dem ich 3 Monate lang meine Fixkosten bezahlen kann, danach wird es abenteuerlich. Sonst leben wir gerade vom Gehalt meines Mannes, der angestellt ist. Ich hoffe, dass ich diese 1000 € bekomme, die Herr Söder angeboten hat. Ich bin in der KSK.

Emotional geht es mir gut. Ich bin in der sozialistischen Tschechoslowakei aufgewachsen und da war die Situation schlimmer. Und trotzdem konnten wir relativ gut leben. Ich denke, ein kreativer Mensch kann jede Situation erträglich machen. Viel mehr macht mir Sorgen, dass die Menschheit weiterhin ungebremst am Klimawandel arbeiten wird. Ich bin bereit mich auch bei diesem Thema mit meinen Bedürfnissen zurückzunehmen und bescheidener zu leben.

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Es ist interessant, wie schnell es möglich ist, strenge Maßnahmen umzusetzen und wie sich die Bürger daran halten. Wäre sowas möglich bei der Rettung unserer Umwelt? Tempolimit, weniger fliegen, weniger konsumieren? Jetzt mal was für die Jüngeren machen?!

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Ich finde gut, dass wir erkennen, dass Pflegekräfte, medizinisches Personal, Lebensmittelverkäufer/innen besser bezahlt werden müssen und dass das endlich umgesetzt wird!

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Ein besonderer Tipp ist natürlich meine Ausstellung mit Gudrun Trendafilov, die von 29.11.2020 bis zum 10.1.2021 im Stadttheater Fürth stattfinden soll. Hoffentlich. Und dann kann ich ein Buch empfehlen, das ich gerade wieder lese. „Die wilden Schwäne“ von Jung Chang – wir sollten uns mit der Geschichte und der andersartigen Kultur des riesigen China beschäftigen.

Foto: Armin Kollinger


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Peter Winkler

Zur Person:
Künstler

Online zu finden unter:
Facebook

Wie nutzen Sie die Corona-Zeit?
Ich habe mich bei Versuchen ertappt, die Wohnung durchzustöbern und zu entrümpeln. Dabei kam es zu manch überraschendem Wiedersehen mit alten Fundstücken. Was man nicht alles sammelt! Kleiner sind die Stapel noch nicht geworden – immerhin sind mir so nebenbei ein paar neue Collagen geglückt.

Wie halten Sie sich trotz der Beschränkungen seit Mitte März über Wasser?
Im Vergleich zu Kolleg*innen der „auftretenden Künste“ stehe ich mit meinem Brotberuf als Grafiker auf relativ sicherer Seite. Finanzielle Folgen werden bei mir zeitversetzt spürbar sein, wenn all die Veranstaltungen, die jetzt abgesagt wurden, auch nicht beworben werden müssen.

Emotional? Stabil. Das Freunde-Netz trägt. Wir haben das Lachen nicht verlernt. Das geht auch am Telefon!

Was haben Sie jetzt schon durch Corona gelernt?
Vor Corona war ich nur Selbständiger. Jetzt bin ich Solo-Selbständiger – die Krise als sprachliche Inspirationsquelle! Nein, im Ernst: Mich hat von Anfang an beeindruckt, mit welch unaufgeregtem Pragmatismus die überwiegende Mehrheit der Menschen in diesem Lande sich auf die völlig neue Situation eingestellt hat. Und was für kreative, hilfreiche Initiativen in kürzester Zeit entstanden sind. Wir sind also gar nicht die abgestumpfte Ellbogen-Ego-Gesellschaft – wir können auch Miteinander.

Welche Erkenntnis sollten wir alle aus dieser Zeit ziehen?
Das Leben kann auch ruhiger ablaufen und bewusster. Schau mal an: Auf einmal geht die Woche auch ohne beruflich und privat durchgetakteten Terminplan, ohne bloßes Funktionieren im Hamsterrad! Die frei gewordene Zeit sollten wir allerdings nicht mit noch mehr nutzlosem Informationskonsum vergeuden. Stündlich upgedatete Infektionsstatistiken auf der einen Seite, abstrusen Verschwörungsmüll auf der anderen. Wer kann sich noch erinnern: Es gibt auch gute Bücher!

Haben Sie einen besonderen Kulturtipp für uns?
Aus einer sehr anderen Sparte, nämlich aus Österreich: Nikolaus Habjan. Regisseur, Puppenspieler, kluger Kopf. Wenn man wieder reisen darf …

Foto: Petra Naumann

Stadtmacherei

Ausstellung im Neuen Museum Nürnberg mit Straßenkreuzer-Beteiligung

Die Ausstellung Stadtmacherei setzt sich mit der bedeutenden Rolle selbstständiger kreativer Arbeit bei der Mitgestaltung einer lebenswerten Stadt des  21. Jahrhunderts auseinander. Sie würdigt diese mit einer multimedialen Präsentation mit über 40 exemplarisch ausgewählten Projekten und Initiativen aus der Metropolregion Nürnberg, die heute schon wichtige Impulse für das Leben und Arbeiten in der ,Stadt von morgen‘ setzen.
Mit Stadtmacherei präsentieren das Neue Museum Nürnberg und das N2025 Bewerbungsbüro in vier Kategorien Projekte und Initiativen, die auf unterschiedliche Art und Weise das kulturelle und gesellschaftliche Leben im urbanen Raum mitgestalten und bereichern. Auf Basis einer offenen Auffassung von kreativer Arbeit präsentieren sich Akteur*innen aus unterschiedlichen Bereichen, die sich entweder mit der Verwendung lokaler Ressourcen und Produktionsmittel beschäftigen, sich für ein soziales Miteinander einsetzen und Menschen zusammenbringen oder leicht zugängliche Kulturangebote schaffen.
Mit Videos, Bildern und Texten bietet Stadtmacherei einen bunten Querschnitt durch die vielfältigen kreativen Szenen in und um Nürnberg. Die exemplarisch vorgestellten Initiativen – darunter auch der Straßenkreuzer – zeichnen sich durch sozial oder ökologisch nachhaltiges Handeln aus und engagieren sich konkret in Bereichen wie etwa Müllvermeidung, lokales Produzieren und Konsumieren, inklusives Arbeiten, Sharing Economy, Secondhand, traditionelles Handwerk, soziales Miteinander, selbstverwaltete Kulturszenen oder Umnutzung von Leerstand. Sie schaffen neue Räume und Formate für Kommunikation, zum Netzwerken und entwickeln Möglichkeiten für eine Einbindung von Bürger*innen in die Stadtgestaltung.

Ausstellung bis 27. September. Der Eintritt zu dieser Foyer-Ausstellung ist frei. Weitere Infos:https://www.nmn.de/de/museum/presse/stadtmacherei.htm

Rendering zur Ausstellung
Foto: Pawlik/Poppe für dform, Wien

Die B6 spendet ihr Pfand

Vier Pfandbeauftragte sortieren seit einem Jahr am Nürnberger Flughafen das eingeworfene Pfandgut, der Grüne Punkt holt es ab, überweist den Erlös auf das Konto des Straßenkreuzers, der davon die Löhne für die Teilzeitverträge der Männer (zum Teil) zahlen kann.
Genau so ein Projekt wollte Benedikt Horsch an der Berufsschule B6 (Handel, Marketing und Medien) anstoßen. Denn „auch bei uns bleiben viele Flaschen einfach stehen, die könnte man doch leicht in so eine Tonne werfen. Dann macht das Sinn“, dachte er sich. Dachte der Straßenkreuzer auch – und dachten sehr schnell Mitschüler, Lehrkräfte, Schulleiter Reinhold Burger und auch der Hausmeister. „Es war gar nicht schwer, alle zu überzeugen“, sagt Horsch rückblickend.
Für „Spende Dein Pfand“ kamen Pfandbeauftragter Klaus Billmeyer und Sozialarbeiter Max Hopperdietzel an die Schule, um sich vorzustellen und alle nötigen Schritte zu besprechen. Die Tonne bezahlt der Förderverein der Schule. 500 Euro seien für das Projekt bewilligt. Schulleiter Burger plant, insgesamt fünf Tonnen anzuschaffen. Das Pfandteam wird die Flaschen regelmäßig abholen und zum Airport bringen, wo der Grüne Punkt weiterhin alles abholt. Vielleicht macht die Idee Schule und andere Firmen oder weitere Berufsschulen am großen Zentrum mit mehreren tausend Schülerinnen und Schülern schließen sich an. Fürs Pfandprojekt wäre das ein wichtiger Schritt hin zur Konsolidierung. Gerade jetzt, wo der Flughafen-Betrieb erst langsam wieder anläuft.
Foto: Reinhard Thye, BBZ

b6 pfandtonne