Tür auf! Für alle Fragen zur Obdachlosigkeit

Tür auf!  Für alle Fragen zur Obdachlosigkeit

Der Straßenkreuzer macht auch dieses Jahr wieder mit beim Türöffnertag der „Sendung mit der Maus“ am 3. Oktober. Klaus Billmeyer hat über acht Jahre auf der Straße gelebt. Er freut sich auf viele Kinder (mit Erwachsenen) und deren Fragen zum Leben auf der Straße. Im vergangenen Jahr hat er zum Beispiel erzählt, wie oft er sich die Zähne putzt, was er macht wenn’s regnet und wo er Essen bekommt. Außerdem hat er mit den Kindern eine „Platte“ aufgebaut, einen Übernachtungsplatz.  

Öffnungszeiten: 3. Oktober, 10 Uhr, 12 Uhr und 14 Uhr (Dauer ca. 1 Stunde) 

Für jeweils circa 30 TeilnehmerInnen ab vier Jahren (maximal vier Kinder pro erwachsene Begleitperson). Die Teilnahme ist kostenlos. 

Anmeldung unter , 0911 217 593-10 

Ort: Straßenkreuzer e. V., Maxplatz 7, 90403 Nürnberg 

Die Organisation übernimmt Trudi Götz von der Stiftung Sozialidee 

 Weitere Infos unter: wdrmaus.de

klaus mit haus-klein
Foto: David Häuser

KREUZERVERHÖR: Tessa Ganserer x Richie Steeger

KREUZERVERHÖR
Tessa Ganserer x Richie Steeger

Zum 25. Jubiläum des Straßenkreuzer e.V. bringen wir Menschen zusammen, die einiges gemeinsam haben – und doch ein Leben trennt. Denn sowohl unsere Verkäufer/innen und Stadtführer als auch prominente Personen der Region stehen tagtäglich in der Öffentlichkeit. Nur die Gründe könnten unterschiedlicher nicht sein. Für unser Magazin lernen sich im Jubiläumsjahr immer zwei von ihnen kennen, stellen sich einmal im Monat gemeinsam in die Öffentlichkeit – und erst im Heft einander und später Ihren Fragen. Jetzt aber erstmal: Ton ab im Burggarten.
Tessa Ganserer X Richie_12.07.19 (4 von 12)

Richie Steeger: Wann hast du gemerkt dass du im falschen Körper bist?

Tessa Ganserer: Vor zwölf Jahren hatte ich mein richtiges Schlüsselerlebnis. Danach war mir das vollkommen klar. Es gab aber auch schon in meiner Kindheit und Jugend ein paar Anzeichen.

Richie Steeger: Bist du schon ganz fertig oder noch in Behandlung?

Tessa Ganserer: Ich hatte mein Coming Out ja erst letzten November nach der Landtagswahl und lebe jetzt seit Ende des letzten Jahres die Frau offen aus, die ich schon immer war. Ich bin also erst am Anfang meiner Transition und habe noch einen langen, steinigen Weg vor mir. Wann hast du dich gezeigt?

Richie Steeger: Mein Outing war an Neujahr. Die meisten Menschen in meinem Umfeld wissen auch Bescheid inzwischen. Nur meiner Oma mit ihren 90 Jahren traue ich mich noch nicht so richtig, es zu sagen.

Tessa Ganserer: Ich war mir bereits vor dem ersten Termin beim Psychologen schon darüber im Klaren, wer und was ich bin, hab aber bis dahin nicht gewusst, dass man als Transmensch offenbar so krank ist, dass man wirklich von einem Arzt zum nächsten rennen darf. Seit Januar bin ich jetzt in der Psychotherapie. Es dauert ewig, bis man da einen Termin bekommt. Wie lange wartest du schon?

Richie Steeger: Ich warte nun auch schon seit sechs Monaten. Das ist nicht einfach für mich, aber ich weiß was ich will und wer ich bin und werde das schaffen. Wie ging es bei dir weiter?

Tessa Ganserer: Der Psychologe hat mir dann zwar die Erstdiagnose ausgestellt, macht aber keine begleitende Psychotherapie. Für alle weiteren Maßnahmen ist die aber zwingend vorgeschrieben. Also gibt es einen neuen Termin und man muss wieder warten

Richie Steeger: Diese Zeit des Wartens und der gleichzeitig stattfindenden schrittweisen Offenbarung gegenüber Familie und Freunden ist für mich jetzt aber auch nicht schlecht, weil alle Seiten mit der neuen Situation umzugehen lernen. Man kannte mich ja als jemand anders, als Frau. Jetzt binde ich mir die Brust ab jeden Tag. Bei der Hitze der letzten Wochen bin ich da auch schonmal umgekippt.

Tessa Ganserer: Ich leide unter solchen immer noch deutlichen männlichen Erscheinungsformen an mir auch. Zum Beispiel Bartwuchs. Die Krankenkasse hat mir gesagt, dass ich, damit sie den Antrag auf Kostenübernahme einer Bartepilation weiterbearbeiten kann, zu einem Urologen oder einem Gynäkologen gehen muss, um eine Genitaluntersuchung machen zu lassen. Das geht einfach zu weit. Ich habe nicht vor, meinen Schambereich epilieren zu lassen. Das geht die einfach überhaupt nichts an …  Am Ende von diesem Jahr Alltagstest schadet mir die verschriebene Psychotherapie wahrscheinlich auch nicht.

Der 46-jährige gebürtige Nürnberger Richie Steeger ist gelernter Koch und Konditor. Der Ex-Drogensüchtige ist seit mittlerweile 18 Jahren clean, kann seinen gelernten Beruf aber aufgrund von Lebensmittelallergien nicht mehr ausüben. Beim Straßenkreuzer ist er Teil des Schicht-Wechsel-Teams, das seit 2008 Stadtrundgänge anbietet. Richie gewährt bei diesen Rundgängen teils tiefe Einblicke in seine ehemalige Drogenabhängigkeit. Zum letzten Jahreswechsel outete er sich als transident.

Tessa Ganserer (42) stammt gebürtig aus Zwiesel im Bayerischen Wald und sitzt seit 2013 für Die Grünen im bayerischen Landtag. Die studierte Försterin ist seit 19 Jahren mit der ebenfalls politisch aktiven Ines Eichmüller zusammen, seit sechs Jahren mit ihr verheiratet. Sie haben zwei Söhne. 2018 outete sich Tessa Ganserer als erstes deutsches Parlamentsmitglied als transident. Die ärztlich bestätigte Diagnose Transsexualität war für sie wie eine neue, richtige Geburtsurkunde.

☞29.9.

Richie Steeger führt im Schicht-Wechsel durch Nürnberg – dass die Route künftig den Magnus-Hirschfeld-Platz besucht, den ersten Gedenkplatz für die queeren Opfer des Nationalsozialismus, ist zum einen der Stadt zu verdanken, zum anderen aber Tessa Ganserer, die uns auf diese Station aufmerksam gemacht hat. Um so mehr freuen wir uns, dass die queerpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag Richie Steeger beim offenen Sonntagsspaziergang am 29.9. begleiten und die Sonderführung „Die Situation der Frauen“ (Start 14 Uhr, Handwerkerhof, 6 / 10 Euro, für Nürnberg.Pass kostenlos) bereichern wird!

Interview: David Lodhi | freier Journalist
Foto: Claudia Holzinger | claudia-holzinger.de

Konferenz der Straßenzeitungen – INSP 2019 Hannover

Können Straßenzeitungen digital und online – und sollten sie das auch sein? Wie können Verkäuferinnen und Verkäufer motiviert und stolz auftreten? Wie wichtig ist guter Journalismus in Zeiten von Social Media und Fake News? Und welche Möglichkeiten gibt es, soziale Stadtführungen weiterzuentwickeln? Diese und weitere Themen beschäftigten rund 120 Teilnehmende des „Global Street Paper Summit“, der jährlichen internationalen Konferenz der Straßenzeitungen im INSP-Verband (International Network of Streetpapers).  
Neben vielen Anregungen und Gesprächen erfuhren wir, dass unsere Geschichte über die hilfsbereiten „Street Bunny“-Rocker dank des INSP-Nachrichtenservices in Japans „Big Issue“ nachgedruckt wurde, die Reportage über das Nürnberger „Haus Sonnenschein“ für wohnungslose Frauen im finnischen „Iso Numero“ gut ankam. Gastgeber dieses Jahr waren die Kolleginnen und Kollegen des Straßenmagazins „Asphalt“ aus Hannover. 

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Text: Katharina Wasmeier | Straßenkreuzer-Redaktion 
Fotos: Sebastian Sellhorst | Redaktion bodo 

KREUZERVERHÖR: Natalie de Ligt x Jörg Knapp

KREUZERVERHÖR
Natalie de Ligt x Jörg Knapp

Zum 25. Jubiläum des Straßenkreuzer e.V. bringen wir Menschen zusammen, die einiges gemeinsam haben – und doch ein Leben trennt. Denn sowohl unsere Verkäuferinnen und Verkäufer als auch prominente Personen der Region stehen tagtäglich in der Öffentlichkeit. Nur die Gründe könnten unterschiedlicher nicht sein. Für unser Magazin lernen sich im Jubiläumsjahr immer zwei von ihnen kennen, stellen sich einmal im Monat gemeinsam in die Öffentlichkeit – und erst im Heft einander und später nur zu gerne Ihren Fragen. Wann und wo Sie unsere in jeder Hinsicht prominenten Verkäufer besuchen können, finden Sie immer am Ende des Interviews. Jetzt aber erstmal: Ton ab im Neuen Museum an der raum- greifenden Installation von Böhler & Orendt!
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Jörg Knapp: Bist du lieber hier im Neuen Museum oder in der A.theke in Fürth?

Natalie de Ligt: Das sind zwei Paar Schuhe finde ich. In beiden passieren Kunst und Kultur. Aber die A.theke ist mehr Subkultur, auch wenn die Kunst dort nicht „sub“ ist, sondern quasi „high“. Das Neue Museum ist ein staatliches Museum, da fließen ganz andere Gelder, wenn eine Sammlung gezeigt wird. Ich finde das schwer zu vergleichen, bin aber an beiden Orten sehr gerne. Wie ist das bei dir?

Jörg Knapp: Ich bewege mich natürlich viel lieber in der Subkultur und würde da auch immer mit anpacken, wenn es nötig ist. Subkultur ist so herrlich unformal. In einer Institution wie dem Neuen Museum muss das anders sein, angefangen beim uniformierten Sicherheitspersonal bis hin zur Kostenstruktur. Aber ich nehme das so hin wie es ist. Im Neuen Museum fühle ich mich am wohlsten wenn Creative Monday ist.

Natalie de Ligt: Du bist der einzige Straßenkreuzer-Verkäufer den ich kenne, der so aktiv am Kulturleben teilnimmt und sich das offenbar auch leistet. Du musst ja bestimmt auch manchmal was zahlen und ich kann mir vorstellen, dass viele ihr Geld lieber anderweitig ausgeben.

Jörg Knapp: Du meinst in zwei Bier?

Natalie de Ligt: Nein, ich dachte da eher an die Grundbedürfnisse, die gedeckt werden müssen.

Jörg Knapp: Ich kann da herrlich substituieren. Wir haben in Nürnberg eine extrem leistungsfähige Sozialindustrie. Wenn man sich geschickt anstellt, kann man da viel machen. Voraussetzung dafür sind geistige Flexibilität und ein Fahrrad. Flexibilität, weil man auch innerhalb einer teils kurzen Zeitspanne an viele verschiedene Orte muss. Ein Fahrrad, weil ich damit schneller bin. So kann ich gegebenenfalls auch ein paar Hefte mehr verkaufen und die Leute ein wenig mehr nerven.

Natalie de Ligt: Durch mehr nerven verkauft man mehr Straßenkreuzer? Das finde ich interessant.

Jörg Knapp: Der Wortakrobat Christian Schloyer hat mich öffentlich schon als Berufsnervensäge bezichtigt. Damit kann ich aber gut leben. Es ist doch wunderbar, sein Interesse an Kunst- und Kulturorten mit dem Heftverkauf zu verbinden.

Natalie de Ligt: Ist dann damit für dich der Ort, den du besuchst, an sich wichtiger als die Kunst, die du vorfindest und die Auseinandersetzung mit dieser Kunst?

Jörg Knapp: Für mich ist der Ort eigentlich nicht entscheidend. Ich denke eher in Veranstaltungen, der Ort ist für mich ein Hilfsmittel. Das vermutete Publikum ist auch ein Faktor. Welche Menschen gucken mit welcher Intention welche Kunst an, wer guckt sich was aus freien Stücken an … Wie ist das bei dir? Wie wählst du aus, wo du hingehst?

Natalie de Ligt: Ich hab natürlich einige Kunst-Seherfahrung auf dem Buckel und hab dadurch einen selektiven Blick. Mir ist das aber letzten Endes egal, wo ein Werk, das ich gut oder schlüssig finde, ausgestellt ist.

Die gebürtige Holländerin Natalie de Ligt (50) lebt seit Beginn der Nullerjahre in Fürth und ist mit dem Kabarettisten und Schauspieler Matthias Egersdörfer verheiratet. Fürth und Nürnberg nimmt sie als großes Ganzes wahr – das Überschreiten der Stadtgrenze ist da eher ein unauffälliger Akt, den man kaum wahrnimmt. Sie arbeitet auf freiberuflicher Basis als Kunsthistorikerin, Kuratorin und Kolumnistin und schätzt sowohl die entspannte Ruhe als auch das lebendige, reichhaltige Kulturangebot der Region.

Jörg Knapp (50+) ist eingeborener Nürnberger und im Norden der Stadt aufgewachsen. Als einziger Straßenkreuzer-Verkäufer hat er keinen festen Verkaufsplatz, sondern pendelt samt Fahrrad zwischen seinem Lieblingsviertel der Stadt, Gostenhof, und diversen Kunstausstellungen. Hier kennt man ihn nicht nur als Magazinlieferanten, sondern schätzt auch sein beachtliches Kunstverständnis – und kennt ihn als Mitglied der „Partei“.

☞19.7.

Wie kulturverbunden (und gar nicht nervig!) Jörg Knapp in der Nürnberger Szene herumschwirrt, wird Natalie de Ligt am 19. Juli höchstpersönlich inspizieren – nämlich von 17.30 bis 18.30 Uhr ganz authentisch beim „Kulturhauptstädtla“, der Stadt in der Stadt auf dem Richard-Wagner-Platz. Falls da lautstark über den Kunstbegriff debattiert wird, machen Sie einfach mit!

Interview: David Lodhi | freier Journalist
Foto: Claudia Holzinger | claudia-holzinger.de

Workshop: An das Display, fertig, los!

Straßenkreuzer Workshop am 12.06 & 13.06 im Museum für Kommunikation

„Sie denken, ein Smartphone ist ein Telefon. Sie werden erfahren, dass sie damit auch telefonieren können.“ Elke Schneiders Begrüßung der Teilnehmenden am Workshop „Smartphone-Training“ klang vielleicht für manche etwas seltsam. Doch schon nach wenigen Minuten im Museum für Kommunikation war klar, was die Museumspädagogin meinte. Beim Gang durch die Ausstellung zur Entwicklung der Telekommunikation – vom ersten Fernsprecher bis zu den heutigen Geräten – zeigte sich, dass es sich um kleine Computer handelt, keine reinen Telefone. Im Schulungsraum ging es dann ans Wischen, Halten, Schieben und Drücken – die typischen Handgriffe der Smartphone-Bedienung. Für manche Teilnehmer war es die erste Berührung mit den Geräten, und Elke Schneider schaffte es tatsächlich, Schwellen abzubauen. Und sie gab gleich als Rat mit auf den Weg, alte Geräte immer an Fachstellen abzugeben, damit die darin enthaltenen wertvollen Rohstoffe recycelt werden können.

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