Jörg Knapp: Bist du lieber hier im Neuen Museum oder in der A.theke in Fürth?
Natalie de Ligt: Das sind zwei Paar Schuhe finde ich. In beiden passieren Kunst und Kultur. Aber die A.theke ist mehr Subkultur, auch wenn die Kunst dort nicht „sub“ ist, sondern quasi „high“. Das Neue Museum ist ein staatliches Museum, da fließen ganz andere Gelder, wenn eine Sammlung gezeigt wird. Ich finde das schwer zu vergleichen, bin aber an beiden Orten sehr gerne. Wie ist das bei dir?
Jörg Knapp: Ich bewege mich natürlich viel lieber in der Subkultur und würde da auch immer mit anpacken, wenn es nötig ist. Subkultur ist so herrlich unformal. In einer Institution wie dem Neuen Museum muss das anders sein, angefangen beim uniformierten Sicherheitspersonal bis hin zur Kostenstruktur. Aber ich nehme das so hin wie es ist. Im Neuen Museum fühle ich mich am wohlsten wenn Creative Monday ist.
Natalie de Ligt: Du bist der einzige Straßenkreuzer-Verkäufer den ich kenne, der so aktiv am Kulturleben teilnimmt und sich das offenbar auch leistet. Du musst ja bestimmt auch manchmal was zahlen und ich kann mir vorstellen, dass viele ihr Geld lieber anderweitig ausgeben.
Jörg Knapp: Du meinst in zwei Bier?
Natalie de Ligt: Nein, ich dachte da eher an die Grundbedürfnisse, die gedeckt werden müssen.
Jörg Knapp: Ich kann da herrlich substituieren. Wir haben in Nürnberg eine extrem leistungsfähige Sozialindustrie. Wenn man sich geschickt anstellt, kann man da viel machen. Voraussetzung dafür sind geistige Flexibilität und ein Fahrrad. Flexibilität, weil man auch innerhalb einer teils kurzen Zeitspanne an viele verschiedene Orte muss. Ein Fahrrad, weil ich damit schneller bin. So kann ich gegebenenfalls auch ein paar Hefte mehr verkaufen und die Leute ein wenig mehr nerven.
Natalie de Ligt: Durch mehr nerven verkauft man mehr Straßenkreuzer? Das finde ich interessant.
Jörg Knapp: Der Wortakrobat Christian Schloyer hat mich öffentlich schon als Berufsnervensäge bezichtigt. Damit kann ich aber gut leben. Es ist doch wunderbar, sein Interesse an Kunst- und Kulturorten mit dem Heftverkauf zu verbinden.
Natalie de Ligt: Ist dann damit für dich der Ort, den du besuchst, an sich wichtiger als die Kunst, die du vorfindest und die Auseinandersetzung mit dieser Kunst?
Jörg Knapp: Für mich ist der Ort eigentlich nicht entscheidend. Ich denke eher in Veranstaltungen, der Ort ist für mich ein Hilfsmittel. Das vermutete Publikum ist auch ein Faktor. Welche Menschen gucken mit welcher Intention welche Kunst an, wer guckt sich was aus freien Stücken an … Wie ist das bei dir? Wie wählst du aus, wo du hingehst?
Natalie de Ligt: Ich hab natürlich einige Kunst-Seherfahrung auf dem Buckel und hab dadurch einen selektiven Blick. Mir ist das aber letzten Endes egal, wo ein Werk, das ich gut oder schlüssig finde, ausgestellt ist.